5. Fall: Petra T. (Allgemeines)
Fall Nr. 5:
Liebe Fau T.,
im November 2012 klagte Ihre 20jährige Tochter unter Schmerzen und Missempfindungen in beiden Armen und einem Druckschmerz unterhalb des Brustbeins. Das MRT zeigt über 20 ‚weiße Herde’, die Oligoklonalen waren grenzwertig. Vorausgegangen waren 4 Monate zuvor Sehstörungen. Das Kontroll-MRT zeigt keine neuen Herde. Es wurde im Krankenhaus Avonex® empfohlen. Der Hausarzt war eher für Rebif®, weil es weniger Nebenwirkungen hat und subkutan gegeben wird. Sie hat noch Gefühlsstörungen und Schmerzen in den Händen und Sehstörungen. Zusätzlich nimmt sie Lyrica® und soll sich auch mit Cortison wegen der Schmerzen behandeln.
Also: Erst einmal besteht an der Diagnose einer MS wegen der typischen und schubartigen Symptomatik kein Zweifel. Die Diagnose wird durch das MRT bestätigt und gewissermaßen auch durch die zweifelhaften Oligoklonalen belegt. Zweitens hat der Hausarzt Recht. Ich glaube auch, dass Rebif® weniger Nebenwirkungen macht als Avonex® und dass jeder Mensch selbst entscheiden muss, ob er sich tatsächlich i.m. spritzen will, was meiner Ansicht nach eine große Überwindung kostet.
Lyrica® wegen der Schmerzen zu nehmen, ist eine Möglichkeit. Ich kenne mich besser mit Carbamazepin oder Gabapentin aus. Mit Cortison würde ich es wegen der Nebenwirkungen nicht probieren.
Ob sich die Beschwerden zurückbilden? Da bin ich ganz sicher. Allerdings bin ich überzeugt, dass ein spinaler Herd im Brustmark vorliegt. Das Druckgefühl unter dem Brustbein ließe sich nicht anders erklären. Allerdings muss kein spinales MRT gemacht werden.
Wie die Prognose ist? Das kann man zurzeit noch nicht sagen. Was beunruhigt, ist die Zahl der Herde im Marklager und der kurze Abstand zwischen den Schüben. Das muss nichts bedeuten, könnte aber auf eine heftigere Variante hindeuten. Diese Aussage würde allerdings relativiert, wenn Ihre Tochter in den letzten Monaten starke Belastungen gehabt hätte (was ich glaube). Dann müsste überlegt werden, ob man sich davor wirklich mit Medikamenten schützen kann. Ich nehme an, dass es in ihrem Alter leider drunter und drüber gehen kann, dass das zum Leben dazu gehört und niemand davor gefeit ist.
Auf den Punkt gebracht: Ich kann bei der Zahl der Herde, die in relativ kurzer Zeit entstanden sind, die Entscheidung für eine Basistherapie verstehen – jedoch mit zwei Fragezeichen: Rebif® scheint mir insgesamt besser und wirksamer zu sein als Avonex®, und ich würde nicht mit einer Basistherapie anfangen, wenn Ihre Tochter in letzter Zeit unter ihrem Beruf oder Liebeskummer gelitten hätte. Wenn sie aber selbst vorsichtshalber für eine Basistherapie ist, könnte ich ihr nicht widersprechen.
W.W.