Das Elend mit dem Achtsamkeits-Hype, aber nicht nur … Teil I (Allgemeines)

Boggy, Samstag, 14.09.2019, 15:50 (vor 1686 Tagen)

Vor einiger Zeit hatte Jakobine einen thread bei Sallys begonnen mit dem Titel: „Funktionalisierung der Achtsamkeitslehre“;

GG hatte anschließend einen Artikel eingestellt, der einen link zu einem ganz hervorragenden, anderen Artikel enthielt.
Ein „Review“, eine ausführliche Übersichtsarbeit (rund 30 Seiten!) zum gegenwärtigen Stand der wissenschaftlichen Arbeiten zu den sogenannten Achtsamkeits-Lehren und -Übungen.

Titel: “Mind the Hype: A Critical Evaluation and Prescriptive Agenda for Research on Mindfulness and Meditation.”
“Achte auf den Hype: Eine kritische Bewertung und verbindliche Agenda für die Forschung über Achtsamkeit und Meditation.“

https://journals.sagepub.com/doi/full/10.1177/1745691617709589
(neuer tab)

Schon in Jakobines Artikel hieß es:
„In der Medizin wird Meditation mit einer Senkung des Blutdrucks, Reduktion der Muskelanspannung und einer Stressreduktion bzw. Burn-Out-Prophylaxe in Verbindung gebracht. Die Evidenzlage über den tatsächlichen Nutzen und dessen Ausmaß ist allerdings fragil. Und doch entsteht schnell der Eindruck, Meditation könne alles, wenn man im Internet recherchiert."

Der Review nun gibt einen außerordentlich substantiellen Überblick über die Forschungslage. Ich möchte darüber berichten.

Doch vorher dies, um Mißverständnissen vorzubeugen:
Ich spreche überhaupt nicht gegen Meditation im allgemeinen. Meditation kann segensreich sein, und sehr hilfreich auch im Alltag bei den alltäglichen Belastungen und Leiderfahrungen. KANN.

Ich praktiziere seit über 35 Jahren Zen-Meditation. Ich bin also nicht gegen Meditation!
Ich bin allerdings gegen Vermarktung, gegen Mißbrauch im Rahmen eines kapitalistisch geformten Selbstoptimierungswahns(-zwangs),
gegen unkritisch zu einem Modetrend machen,
gegen Herauslösen von Meditationsformen aus Meditationstraditionen und gegen ihre Reduzierung auf Einzel-Techniken usw.

Ich stehe Herrn Kabat-Zinn sehr kritisch gegenüber. Polemisch ausgedrückt: ich halte ihn für eine Räuber, der alte Meditationstraditionen ausgeplündert hat; und das, was er geraubt hat, hat er anschließend in ein Programm unter seinem Namen gepackt, und es dann als „mindfulness-based stress reduction“ MBSR vermarktet.

Aber ich will nicht päpstlicher sein als der Papst. Wenn es einigen Menschen tatsächlich hilft, ohne Schaden anzurichten, dann seis drum.
Doch gleichzeitig: Seid auch achtsam gegenüber den Achtsamkeitspredigern.

Nun bin ich bereits bei einer Postinglänge angekommen, bei der der geneigte Forumsleser geneigt ist, aufzuhören zu lesen.
Daher, speziell aber, weil ich derzeit mit nur sehr geringen körperlichen und geistigen Kräften ausgestattet bin,
Fortsetzung folgt,
im nächsten Beitrag, dann: zum Artikel selbst.

Bis wahrscheinlich morgen,
Gruß
Boggy
flowers

--
Um unserer persönlichen und gesellschaftlichen Freiheit willen müssen wir immer wieder die Saat des kritischen Verstandes und des begründeten Zweifels säen.

Tags:
Achtsamkeit, Achtsamkeits-Hype, Meditation


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