Das vermaledeite Brennglas (Straßencafé)

IceUrmel, (vor 2011 Tagen)

Die Brennglas-Analogie geht einigen Journalist*innen und Politiker*innen auch nach monatelanger Corona-Krise leicht von den Lippen und stimmt mich inzwischen bloß noch verdrießlich.

Ärgerte mich zuerst das antiquierte Wort - fragte man anfangs eine(n) Jugendliche(n), was ihr/ihm zu einem „Brennglas“ einfiel, erntete man nämlich häufig fragende Blicke oder mehr oder weniger phantasievolle Erklärungen – wandelte sich der Ärger schon bald in einen inhaltlichen.

Braucht man eine Lupe gewöhnlich nicht eher für ziemlich kleine Dinge?

Wie kann es dann sein, dass große Missstände, die lange bekannt sind, wie die Verwerfungen eines durchökonomisierten Gesundheitssektors, einer Lupe bedürfen, damit Verantwortliche handeln?

Was genau muss man rauchen, um die Unterbringung von Arbeitnehmer*innen aus dem Ausland durch Subunternehmer in Unterkünften, die diplomatisch als Bruchbuden bezeichnet werden dürfen, vorher nicht wahrzunehmen?

Wie ist es zu erklären, dass das Hinterherhinken in der Digitalisierung vorher lange nicht erkannt, geschweige denn adäquat angegangen wurde?

Es gibt viele Schüler*innen die nicht nur kein eigenes Laptop haben (wenn es denn überhaupt die Voraussetzungen gibt – siehe oben), sondern deren Schulessen die einzige Möglichkeit auf eine warme Mahlzeit am Tag war, und deren Eltern beim Homeschooling nicht helfen können? In Deutschland? Das kann doch nicht sein!

Und wer hätte vor der Corona-Krise gedacht, dass es möglicherweise nicht so gut ist, sämtliche Produktionen von wichtigen oder gar lebensnotwendigen Gütern ins Ausland – gerne ins nichteuropäische Ausland – zu verlegen.

Wie gut, dass da SarsCoV2 mit dem viruseigenen Brennglas kam und uns alle aufgerüttelt hat.

IU

PS: Dieser Text kann Spuren von Ironie oder Sarkasmus enthalten.

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