Der Ernst des Lächelns (Straßencafé)
Es ist höchste Zeit, daß ich mal wieder ernst werde.
Also: „lächeln“ …
„Immer schön Lächeln...Rezept gegen Wut, Ärger, Stress usw.“
Einfache Aussage – komplizierte Angelegenheit, wenn man genau hinschaut, und nicht darüber hinweg lächelt …
Also, ich bin sehr dagegen, wenn „Lächeln“ zu einer Technik der Selbstmanipulation, der Selbsttäuschung gemacht wird, die eine reale Lebenslage überdecken oder verleugnen soll.
Das hilft nicht. Das macht es u.U. nur schlimmer.
Für eine zeitlang das Gesicht in lächelnder Weise zu verziehen, täuscht die Gesamtheit meines Organismus, täuscht mich damit selbst für eine kurze Zeit. Und dann ist wieder alles beim Alten.
Ein anderer und besserer Weg, z.B.
Ein kleiner Meditationsübungstext vom vietnamesischen, buddhistischen Mönch und Lehrer Thich Nhat Hanh:
„Ich atme ein und entspanne meinen Körper.
Ich atme aus und lächle.
Ich bin ganz im Jetzt
Und weiß: dies ist ein wunderbarer Augenblick.“
Hier bin ich innerhalb der Meditation im Einklang mit mir, meinem Atem, meinem Lächeln. (Ich muß nicht lächeln, aber ich kanns, wenn es paßt. Und wenn dies kein "wunderbarer Augenlick" ist, dann beginne ich vielleicht nicht zu meditieren, oder est recht, aber ohne das "wunderbar". Dann ist das, was ist, genau das, was ist. Und ich bleibe verankert in mir, meinem Atem und meinem gegenwärtigen Sein, und atme und atme, lasse innerlich los und schaue, still ...)
Denn dies gehört auch zum Leben:
Zen-Meister Ryôkan:
„Wenn ich an die Traurigkeit der Menschen
in dieser Welt denke,
Wird ihre Traurigkeit zur meinen.“
Das, was uns Menschen bewegt, von Augenblick zu Augenblick, Tag zu Tag, Jahr um Jahr, ist so vielfältig, und wir haben so vielfältige Wege, uns darin auszudrücken,
alles hat seine Berechtigung – wir dürfen und sollten uns nicht darüber hinweg manipulieren. Es bringt mehr Leid, so ist jedenfalls meine Ansicht.
Und:
Wann immer wir die Wahl haben zu lächeln oder nicht, frei und im Einklang mit uns selbst, ist Lächeln eine gute Wahl.
Gruß
Boggy

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Um unserer persönlichen und gesellschaftlichen Freiheit willen müssen wir immer wieder die Saat des kritischen Verstandes und des begründeten Zweifels säen.