Houellebecq: 'Vernichten' (Straßencafé)

W.W. @, Mittwoch, 27.07.2022, 10:42 (vor 611 Tagen)

Meine Tochter hatte mir den neuen Roman von Houellebecq geschenkt, und ich habe ihn letzte Woche zu lesen begonnen und war zunächst begeistert. Jetzt habe ich ihn enttäuscht zur Seite gelegt. Was ist passiert?

Der Roman beginnt mit einer Dystopie, die merkwürdig vertraut ist: Es erscheinen im Internet Videos, die merkwürdig echt erscheinen. Das eine zeigt die Hinrichtung eines französischen Politikers, das andere den Untergang eines chinesischen Frachters und das dritte die Zerstörung eines skandinavischen Konzerns, der sich auf künstliche Befruchtung spezialisiert hat.

Es scheint keine Kriterien mehr dafür zu geben, ob die Videos echt oder gefaket sind. Was für ein Thema - aber darum scheint es nicht wirklich zu gehen, sondern um den französischen Wahlkampf 2027, der aber auch rasch nebensächlich wird.

Ganz in den Vordergrund rückt die Geschichte von Paul Raison, eines hohen Ministerialbeamten, der sicher nicht zufällig "Raison' heißt. Sein Vater erleidet einen Schlaganfall und versinkt in eine 'vegetativen' Zustand. Also scheint es sich um eine Kritik am französischen Gesundheitssystem und seine Unmenschlichkeit zu handeln?!:confused:

Oder darum, dass Paul Raison sich langsam wieder seiner Ehefrau annähert? Oder um seine Schwester, die wie eine Heilige erscheint? Oder seinen Bruder, der sich umbringt? Oder darum, dass Paul Raison einen Zungenkrebs bekommt und daran versterben wird?

Ich bin hin und her gerissen, weil ich keine Botschaft entdecke und keine Zukunftsvision. Und was wird 'vernichtet'? Und was hat Paul Raison mit 'Vernunft' zu tun?

Ich glaube, es ist ein ganz und gar schlechter Roman, in dem viele Fäden wirr durcheinandergehen und nichts seinen Abschluss findet.

W.W.


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