Immer wieder Stress und MS ... (Allgemeines)
Die Stress-und MS-Fans greifen nach jedem Strohhalm und machen ihn in ihrer Vorstellung zumindest zu einem Ast.
So auch mal wieder Nalini bei den Amseln im Verbund mit der neuen MS-Leitlinie im MS-spirituell-Thread.
Die Leitlinie:
https://dnvp9c1uo2095.cloudfront.net/cms-content/030050_living_Guideline_MS_V8.0_250218...
Zunächst zum Leitilinientext, dessen Abschnitt “Mentale Gesundheit und Stress” von Nalini zitiert wird. Dort heißt es u.a. (S. 42) :
"Traumatische Lebensereignisse und posttraumatische Belastungsstörungen sind ein Risikofaktor für die Entstehung von Autoimmunerkrankungen und auch für die MS (Review bei von Drathen et al. 2024). Für Stressbelastungen als Auslösefaktor von Schüben liegt eine gewisse Evidenz vor. Erste Kohortenstudien zeigen ferner, dass traumatische Lebensereignisse sich möglicherweise auf die Progression der Erkrankung auswirken (von Drathen et al. 2024)."
Dies ist die zitierte Studie "von Drathten et. al.":
"Stress and Multiple Sclerosis – Systematic review and meta-analysis of the association with disease onset, relapse risk and disability progression", Aug. 2024.
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/38906489/
Machen wirs etwas genauer als die Leitlinien.
Als Ergebnisse werden dort genannt:
Krankheitsausbruch ("onset") =>
"Zehn Studien befassten sich mit Stressoren und dem Krankheitsausbruch von MS und zeigten eine schwache bis mäßige Auswirkung von psychologischen Stressoren."
Diagnostizierte stressbedingte psychische Störungen ("diagnosed stress disorders") =>
"Eine Meta-Analyse von drei Studien, die diagnostizierte Stressstörungen und das MS-Risiko untersuchten, ergab ein 1,87-fach (CI 1,061 bis 3,429) erhöhtes MS-Risiko."
Wie auch immer man das nun einschätzen mag. Dazu müßte man sich die Studien genauer ansehen.
Und dies soll sich wohl auf traumatische Lebensereignisse beziehen =>
"Metaanalysen von zwei unabhängigen Kohorten, die dieselbe militärische Bedrohung einer Bevölkerung untersuchten, ergaben ein dreifach erhöhtes Risiko für Rückfälle in Verbindung mit Krieg (Rückfallrate: 3,0, CI 1,56 bis 5,81)."
Stress insgesamt und Schübe =>
"Darüber hinaus bestätigten zwei Studien einen Zusammenhang zwischen belastenden Lebensereignissen und MRT-Aktivität. Drei Studien über Stressoren und das Fortschreiten der Krankheit wurden eingeschlossen, die einen gewissen Einfluss auf das Fortschreiten der Krankheit zeigten. "
Man beachte "einen Zusammenhang" - welchen?; und "gewissen Einfluss" - ein bißchen?; bei a) ZWEI Studien, und b) DREI Studien.
Nun zur Schlußzusammenfassung der Studie:
"Zusammengenommen deuten die Studien auf einen geringen bis mäßigen Einfluss psychologischer Stressoren auf den Ausbruch der Krankheit, die Entzündungsaktivität und das Fortschreiten der MS hin.
In vielen Studien gab es eine mögliche Verzerrung der Fallauswahl und eine fehlende Analyse von Störfaktoren."
Eine belastbare Studienlage in bezug auf
a) Stress als Ursache der MS
b) Stress als Auslöser der MS
und c) Stress als Schubauslöser der MS
zeigt auch diese Meta-Analyse nicht auf.
Die Aussage in den Leitlinien "Traumatische Lebensereignisse und posttraumatische Belastungsstörungen sind ein Risikofaktor für die Entstehung von Autoimmunerkrankungen (...)" also auch für Autoimmunerkrankungen allgemein finde ich in dieser in den Leitlinien als Beleg genannten Studie nicht.
Gruß
Boggy
(Bitte tag setzen: Stress - Danke!)
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Um unserer persönlichen und gesellschaftlichen Freiheit willen müssen wir immer wieder die Saat des kritischen Verstandes und des begründeten Zweifels säen.