immer wieder MRTs mit Kontrastmittel (Allgemeines)

Francesca @, Dienstag, 12.12.2017, 12:46 (vor 2320 Tagen)

Bei mir wurde 2016 MS diagnostiziet und wenn man es überspitzt zusammenfasst, habe ich den Rest des Jahres damit verbracht, weitere MRTs machen zu lassen. Insgesamt sechs. Nun wollte mein Neurologe dringend in diesem Jahr noch eins zur Verlaufskontrolle machen lassen um danach ggf. das Medikament (Copaxone) zu wechseln. Ich sah mir die Nebenwirkungen der anderen Medikamente an und dachte mir: Es kommt gar kein anderes infrage, da kann ich mir auch das MRT sparen! Das besprach ich mit ihm, auch die möglichen Nebenwirkungen des Kontrastmittels. So einigten wir uns auf ein MRT ohne Kontrastmittel (und ich bin jetzt sehr erleichtert, dass es keine neuen Entzündungsherde gibt!).

Aber die Dame am Empfang der radiologischen Praxis konnte meinen Wunsch nach einem MRT ohne KM nicht begreifen. Sie polterte gleich los, dass das ja gar nicht gehe, da sehe man ja gar nichts. Als ich ihr erklärte, dass ich kein KM möchte, bog sie ab, dass das dann der Arzt entscheide. Ich sagte ihr nochmal, dass ICH entschieden habe, dass das MRT ohne KM gemacht wird. Noch einmal versuchte sie, es so zu drehen, dass das der Arzt entscheide.

Später, bei der Untersuchung, war es überhaupt kein Thema mehr. Im Befund steht drin, dass man mit KM noch hätte sagen können, ob es aktive Entzündungsherde gibt, mehr aber auch nicht.

Es tut gut, sich durchgesetzt zu haben. Aber es kostet Kraft. Brauche ich die nicht schon im Alltag? Das ist dann ganz allein mein Problem ...

Francesca

immer wieder MRTs mit Kontrastmittel

W.W. @, Dienstag, 12.12.2017, 12:56 (vor 2320 Tagen) @ Francesca

Zu den MRT-Kontrollen habe ich einmal geschrieben:

Kann man die Basistherapie probeweise absetzen?
Es gibt eine Reihe von Gründen, warum man mit dem Gedanken spielen kann, die Beta-Interferone bzw. das Glatirameracetat probeweise abzusetzen. Die häufigsten sind:
1. Es besteht ein Kinderwunsch.
2. Man ist „spritzenmüde“.
3. Man findet keine gesunde Stelle mehr auf seiner Haut.
4. Die Nebenwirkungen beeinträchtigen die Arbeitsfähigkeit oder die Lebensqualität.
5. Es treten Depressionen auf, die möglicherweise durch die Medikamente verstärkt werden.
6. Man hat das Gefühl, das Präparat wirkt nicht mehr.
7. Die MS ist in das progrediente Stadium eingetreten.

Es gibt eine magische Vorstellung, die sich auf die Lebensweisheit „Never change a winning team.“ zurückführen lässt: Wenn man sich erst einmal dazu durchgerungen hat, sich mit einem Medikament behandeln zu lassen, und es einem gut geht, dann sollte man froh und dankbar sein und alles lassen, wie es ist. Irgendwie hat man das Gefühl, man werde bestraft, wenn man probehalber auf die Therapie verzichtet.

Sicher ist es vernünftig, bewährte Handlungsweisen beizubehalten. Für eine medikamentöse Therapie ist aber das Gegenteil empfehlenswert. Man sollte immer nach einer gewissen Zeit probieren, ob man das Medikament wirklich noch braucht. Das gilt für Antidepressiva ebenso wie für Antiepileptika. Wenn jemand z.B. wegen zwei oder drei Anfällen auf z.B. Tegretal® dreimal 200 mg eingestellt worden ist und drei Jahre anfallsfrei ist, dann ist natürlich zu erwägen, ob er das Medikament wirklich noch braucht. Falls das EEG nicht eine massiv erhöhte Krampfbereitschaft zeigt, wird er das Tegretal® unter Aufsicht seines Arztes langsam ausschleichen, meistens in Stufen von 200 mg pro Halbjahr.*

Dasselbe gilt für Medikamente, die den Blutdruck anheben oder die Konzentrationsfähigkeit steigern sollen. Wenn man merkt, dass man sich nach dem Absetzen wieder schlechter fühlt, kann man es ja wieder ansetzen, und nichts spricht dafür, dass es dann schlechter oder gar nicht mehr wirkt.* Natürlich gibt es auch Fälle, bei denen ein Absetzversuch gefährlich werden kann, z.B. wenn jemand eine künstliche Herzklappe hat und auf ein Blutgerinnungsmittel (Marcumar®) eingestellt ist.

In den meisten Fällen gibt es einen verlässlichen Wert, an dem man sich orientieren kann, wie sich das Absetzen auswirkt: den Blutdruck, das Cholesterin im Blut oder den Quick-Wert (Wert, der die Blutgerinnung misst). Bei den Beta-Interferonen oder dem Copaxone® ist das anders. Man merkt nicht wirklich, ob sie anschlagen oder nicht - und man kann es auch nicht messen. Selbst wenn man unter dem Medikament jahrelang schubfrei ist, ist das kein verlässlicher Hinweis; schließlich gehört es zum natürlichen Verlauf der MS, dass die Schübe im Laufe der Zeit immer seltener werden, und es kann auch sein, dass die Schubfreiheit ein Zeichen dafür ist, dass der Übergang in das progrediente Stadium erfolgt.

NEDA
Oft wird als Therapieziel die »Freiheit von klinisch relevanter und messbarer Krankheitsaktivität« definiert. Man spricht auch von NEDA (no evidence of disease activity). Dies bedeutet: keine Schübe, kein Fortschreiten der Behinderung und keine Aktivität im Kernspintomogramm (MRT). Nach Jutta Scheiderbauer von der TAG ist „das NEDA-Therapiekonzept weder evidenzbasiert noch individuell zugeschnitten. Es führt zu einem konsekutiven Durchprobieren zugelassener Immuntherapien, ohne Berücksichtigung potenzieller kumulativer Risiken und Spätfolgen. Bedenkt man zusätzlich die Diagnoseausweitung auf leichte klinische Verläufe infolge der Einführung der McDonald-Kriterien ab 2001, laufen MS-Betroffene derzeit Gefahr, durch Nebenwirkungen größeren Schaden zu erleiden, als sie von der MS allein zu erwarten gehabt hätten."

Wie ich von meinen Patienten höre, reagieren manche Neurologen mit großer Besorgnis (und von den Pharmafirmen geschulte so genannte MS-Krankenschwestern geradezu hysterisch), wenn Sie den Wunsch äußern, versuchsweise einmal eine Zeit lang auf die Spritzerei verzichten zu wollen. Warnend erheben sie ihre Stimme, ob Sie sich das wirklich gut überlegt hätten?! Ob Sie das Schicksal herausfordern wollten, jetzt wo es Ihnen gerade so gut gehe und die MS Ruhe gäbe. Sie würden viele kennen, die einen solchen Schritt schon bitter bereut hätten usw. usw.

Vor allem die letzte Drohung ist schlichtweg falsch. Es gibt in der Literatur keine Berichte darüber, dass sich eine MS nach dem Absetzen von Beta-Interferonen dramatisch verschlechtert hätte. Und auch aus eigener Erfahrung kann ich nur sagen, dass dies bei meinen Patienten bisher niemals vorgekommen ist. Jetzt müsste ich eigentlich auf Holz klopfen. Denn selbst wenn die Beta-Interferone tatsächlich wirkungslos wären, müsste es nach den Gesetzen der Wahrscheinlichkeit irgendwann einmal während der ersten Wochen und Monate nach dem Absetzen rein zufällig zu einem Schub kommen. Aber wie gesagt – meinen Patienten, die abgesetzt haben, ist das bisher nicht passiert. Und vergessen Sie nicht: Auch die netteste MS-Krankenschwester wird genau von der Firma bezahlt, die Interesse daran hat, dass Sie bei der Stange bleiben.

W.W.

PS: Hierbei geht es allerdings nicht um KM.

Tags:
McDonald-Kriterien

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Oh mein Gott

motorschiffbesitzer @, Dienstag, 12.12.2017, 17:58 (vor 2320 Tagen) @ Francesca

Du Arme. Das wäre die "richtige" Situation für mich gewesen. Nicht weil ich sowas interesannt finde, sondern weil ich "(innerlich) steil gegangen wäre".

Vermutlich hätte ich ihr ihre Optionen erklärt:

1. Mich als Kunden ablehnen - ihr gutes Recht imho
oder
2. den Kundenauftrag (ist ja mehr als ein Wunsch) erfüllen

Ab da wäre es wohl losgegangen.

Eventuell hätte sie zwischendurch noch gesagt "das haben wir schon immer so gemacht" und mein Tag wäre vollends im Eimer gewesen.

Natürlich kann man sich auch über Sinn und Unsinn der KM - Gabe bei deinem Vorhaben austauschen. Aber ich bezweifele, dass die Empfangsdame dafür ein adäquater Gesprächspartner gewesen wäre.

Ich hätte es auch so wie du gemacht, gerade wenn dein Neuro sich drauf eingelassen hat!

Es gibt echt Diskussionen, die braucht kein Mensch.

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immer wieder MRTs mit Kontrastmittel

Karo, Dienstag, 12.12.2017, 18:26 (vor 2320 Tagen) @ Francesca

Aber die Dame am Empfang der radiologischen Praxis konnte meinen Wunsch nach einem MRT ohne KM nicht begreifen. Sie polterte gleich los, dass das ja gar nicht gehe, da sehe man ja gar nichts. Als ich ihr erklärte, dass ich kein KM möchte, bog sie ab, dass das dann der Arzt entscheide. Ich sagte ihr nochmal, dass ICH entschieden habe, dass das MRT ohne KM gemacht wird. Noch einmal versuchte sie, es so zu drehen, dass das der Arzt entscheide.

Später, bei der Untersuchung, war es überhaupt kein Thema mehr. Im Befund steht drin, dass man mit KM noch hätte sagen können, ob es aktive Entzündungsherde gibt, mehr aber auch nicht.

Ich staune immer wieder, was es so alles gibt ... mein Neuro ist zum Glück auf dem Laufenden mit der KM-Diskussion und hat mir vor dem letzten MRT angeraten, das mit dem KM in Zukunft zu lassen.

In der Radio-Praxis werde ich kurz vorm dem MRT nurmehr nach dem letzten Schub (Datum) und nach neuen Symptomen gefragt (im Vergleich zur Voraufnahme). Dass ich KM ablehne, äußere ich dann gleich bei der Gelegenheit, und das wird selbstverständlich ohne Diskussion akzeptiert.

Im Bericht des Radiologen steht der Satz: "Eine KM-Gabe wurde abgelehnt." Es wird also lediglich in neutraler Sprache das Faktum meiner Ablehnung dokumentiert, das ist auch richtig so. Es gibt keinen Kommentar, das würde ich auch für völlig unpassend halten.

Nach dem MRT warte ich noch ein paar Minuten auf die Aufnahmen, die ich nach Hause mitnehme.

Ungefähr zwei Tage später nach dem MRT habe ich den Bericht vom Radiologen im Briefkasten und zahle nicht mal Porto dafür (nein, ich bin nicht PKV, sondern ganz normal gesetzlich versichert). Der Neuro bekommt natürlich auch einen Bericht.

Das ist alles, mehr passiert da nicht. Völlig unspektakulär.

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