Herdentstehung und Sauerstoffmangel (Allgemeines)

Wiggi @, Montag, 01.02.2016, 13:47 (vor 3010 Tagen)

Hier ein Artikel über die Bedeutung von Sauerstoffmangel bei der Herdbildung.

Ich habe versucht, es kurz darzustellen, aber es geht nicht wirklich.

Bei Ratten wurden durch eine Injektion demyelinisierte Herde im Rückenmark induziert, und zwar entstanden diese nicht an der Stelle der Injektion, sondern bevorzugt an der ventro-dorsalen „watershed“ (Wasserscheide?). Leider versagt hier mein Englisch, ich deute es so, dass gemeint ist, vorne und hinten an der Abgrenzung des Rückenmarks zum Liquor.

Die Herdbildung lief in Phasen ab:
1. Sauerstoffmangel, Bildung von Superoxid und Stickoxid
2. Abnahme der Zahl der Oligodendrozyten
3. Demyelinisierung

Reicherte man die Einatmungsluft der Ratten während der hypoxischen Phase mit Sauerstoff an, entstanden weniger Herde oder die Demyelinisierung blieb ganz aus.
Dieser Versuch wurde aufgrund der Beobachtung gemacht, dass MS-Herde auch in der relativen Abwesenheit von Lymphozyten entstehen können, dafür aber unter den Anzeichen eines Energiemangels.

Was ist nun das Verbindungsglied zwischen diesen Versuchen und den echten MS-Herden. Die Wissenschaftler haben die Vorstellung, dass in Gefäßnähe, wo auch eine Art Wasserscheide ist, nämlich zwischen Gehirngewebe und Blut, und wo sich die Herde meistens befinden, im Übrigen auch in Nähe der Ventrikel, das angeborene Immunsystem aus irgendeinem Grund aktiviert wird, was zu einem Sauerstoffmangel führt, usw. Warum das Immunsystem? Ich verstehe das so, dass bei dem Versuch mit den Ratten, die eingespritzte Substanz das Immunsystem aktivierte, mit der darauffolgenden Kettenreaktion. Man könnte das aber auch so deuten, dass bei der MS irgendetwas, ein Toxin, Bakterien etc. das Immunsystem anstößt, mit darauffolgendem Sauerstoffmangel, etc. etc. Man kann da natürlich noch weiterdenken.

Sauerstoff könnte also in dem Fall ziemlich gut helfen. Frage ist nur, woher weiß man, wann man den Sauerstoff braucht?? Oder braucht man kontinuierlich viel Sauerstoff, da die Ursache der MS ständig gegenwärtig ist?

Avatar

Herdentstehung und Sauerstoffmangel

Philipp, Montag, 01.02.2016, 14:12 (vor 3010 Tagen) @ Wiggi

Hallo Wiggi:wink:

Danke für ein MS Thema.

Ich lese mich da gerne ein.

Jetzt muss ich erst mal raus aufs Kick Board, seit ich
4-Aminopyridin und Keltican doppelt nehme, habe ich extremen
Bewegungsdrang, Fussheberschwäche ist überwunden.

H:footprint: :bike: pe

Herdentstehung und Sauerstoffmangel

Bennie @, Montag, 01.02.2016, 16:52 (vor 3009 Tagen) @ Wiggi

Ich könnte mir auch eine Infektion durch Anaerobier vorstellen.

Wenn dann Sauerstoff die Blut-Hirnschranke überwindet, sterben Anaerobier ab?!

Nur mal so ein
Gedanke?
Vielen Da k, liebe Wiggi, für Deine unermüdliche Suche :-)

LG
Bennie

Avatar

Herdentstehung und Sauerstoffmangel

naseweis ⌂ @, in meinem Paradies, Montag, 01.02.2016, 19:18 (vor 3009 Tagen) @ Wiggi

Frage ist nur, woher weiß man, wann man den Sauerstoff braucht?? Oder braucht man kontinuierlich viel Sauerstoff, da die Ursache der MS ständig gegenwärtig ist?

Also ich muss immer total viel Gähnen.

wahrscheinlich gehts mir deshalb so gut, weil mein Körper das mit dem "O" weiss und mich regelmässig zur "Einnahme" zwingt !

--
das Geheimnis der Medizin besteht darin,
den Patienten abzulenken,
während die Natur sich selber hilft (Voltaire)

Sisyphos hatte es auch nicht leicht

Avatar

Herdentstehung und Sauerstoffmangel

Doro @, Montag, 01.02.2016, 21:28 (vor 3009 Tagen) @ Wiggi

Hallo Wiggi,

so neu ist die Sache mit dem Sauerstoffmangel im MS-Gehirn gar nicht.

Daß die Läsionen der weißen Substanz mit einer Minderdurchblutung und damit logischerweise mit einem Sauerstoffmangel im Gehirn in einem Zusammenhang stehen, hat Dr. Juurlink von der Universität Saskatchewan, Kanada bereits 1998 festgestellt.
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/9824835
Im Abstract heißt es:
„Diese Verringerung der Durchblutung führt zu: (a) degenerative Veränderungen der weißen Substanz beeinflussen Oligodendrozyten; (b) Hochregulation von Chemokinen in den Endothelzellen und / oder Glia-Zellen; und (c) Hochregulation von Zelladhäsionsmolekülen auf Endothelzellen. Signale der Hypoxämie und hypoglykämische Gliazellen, wahrscheinlich mit Myelin-Moleküle und Zytokine, führen zu einer entzündlichen Immunantwort, dessen Ergebnisse in einer Demyelinisierung enden „

1903 wurde an der Universität von Kyoto, Japan festgestellt, daß eine chronische zerebrale Hypoperfusion Läsionen der weißen Substanz und den Verlust der Oligodendroglia mit DNA-Fragmentierung in der Ratte induziert.
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/13680276
„"Zerebrovaskulären Läsionen der weißen Substanz stellen eine altersbedingte neurodegenerative Erkrankung, die als hyperintense Signal auf Magnetresonanzbilder angezeigt. Diese Läsionen sind häufig in Altern, Bluthochdruck und zerebrovaskuläre Erkrankungen beobachtet, und sind für die kognitiven Fähigkeiten und Gangstörungen bei älteren Menschen verantwortlich. Beim Menschen sind zerebrovaskulären Läsionen der weißen Substanz von Apoptose oligodendroglia begleitet, wurden vermutlich durch chronische zerebrale Ischämie hervorgerufen werden. In der vorliegenden Studie haben wir getestet, ob eine chronische zerebrale Minderdurchblutung induziert Läsionen der weißen Substanz und Apoptose von oligodendroglia in der Ratte. Doppler Durchflussmesser-Analyse ergab eine sofortige Reduzierung der cerebralen Blutströmung im Bereich von 30% bis 40% von derjenigen vor der Operation worden, das sich auf 52-64% zwischen 7 und 30 Tage nach der Operation Ferrin-immunoreaktive oligodendroglia verringerte Zahl und das Myelin wurde degeneriert. in der medialen Corpus callosum nach 7 Tagen und danach ".

Wie unschwer aus diesen beiden Studien zu erkennen ist, braucht es keine Autoimmunreaktion, um Läsionen in der weißen Substanz zu erzeugen. Eine Verminderung der Durchblutung, die eine Verminderung der Sauerstoffversorgung zur Folge hat, reicht völlig aus.

Aber damit wären wir bei den Grundlagen der CCSVI - ein heißes Eisen auf dieser Plattform.;-)

Doro

--
"Lerne zuhören, und du wirst auch von denjenigen Nutzen ziehen, die nur dummes Zeug reden." Platon

Herdentstehung und Sauerstoffmangel

Wiggi @, Dienstag, 02.02.2016, 15:05 (vor 3008 Tagen) @ Doro

Liebe Doro,

danke für die beiden Artikel, den ersten habe ich mir ganz durchgelesen, von dem zweiten vorläufig das, was du geschrieben hast.

Übrigens, ich habe nichts von einer Autoimmunreaktion geschrieben, sondern nur von einer Reaktion des angeborenen Immunsystems. Im Gegenteil weisen die Autoren ja auf die relative Abwesenheit von Lymphozyten hin.

Neu oder nicht, der von mir verlinkte Artikel liefert noch eine weitere Erklärung, warum Herde nicht überall entstehen, sondern an bestimmten Stellen. Nämlich Stellen, die für eine Hypoxie besonders empfindlich sind, in diesem Falle Gewebe, die in der Nähe von "Wasserscheiden" liegen, anscheinend Grenzflächen zwischen Gewebe und Flüssigkeit. (Warum das so ist, muss ich noch herausfinden). Dies zu wissen ist nämlich sehr wichtig für die Frage, warum z.B. bei einer Venenstenose nicht an allen kleinen Gefäßen Herde entstehen. Denn bei einer Stenose der Halsvenen müssten alle kleinen Venen im Gehirn betroffen sein. Nebenfrage: wie kommt die Hypoxie zustande, wenn der arterielle Zufluss funktioniert?
Und wieso tritt bei einer Venenstenose die MS schubweise auf?

Deine Artikel sind in der Tat interessant, der erste präsentiert aber viele Hypothesen und Ideen, so dass Minderdurchblutung nur ein Teil davon ist. Eine wichtige Erkenntnis von Roshni et al ist, dass sich die Herde an ganz anderen Stellen finden können als dem Ort der ursprünglichen Störung und dass Hypoxie durch eine Immunreaktion (nicht Autoimmunreaktion!) ausgelöst werden kann, also eine Reaktion auf irgendetwas, was im Gehirn nichts zu suchen hat. D.h. irgendwo kann ein Bakterienherd sein, der aufgrund einer Immunantwort eine Hypoxie hervorruft, die an dafür besonders empfindlichen Stellen zu weiteren Reaktionen führt. Oder es kann ein Toxin überall sein, und trotzdem nur an bestimmten Stellen Reaktionen hervorrufen.

Nicht zuletzt wichtig ist, dass durch Sauerstoffzufuhr Herde verhindert werden können, was auch immer das praktisch zu bedeuten hat.

Avatar

Herdentstehung und Sauerstoffmangel

Doro @, Dienstag, 02.02.2016, 17:46 (vor 3008 Tagen) @ Wiggi

Liebe Wiggi,

daß einzig und allein ein Sauerstoffmangel für die Entstehung von MS-typischen Entzündungen verantwortlich ist, glaube ich nicht so ganz.
M.E. ist er eine der Voraussetzungen für die Verletzung der Blut-Hirn-Schranke, weil er das Endothel der Blutgefäße schädigt.

Was zu einer Kaskade von Entzündungsreaktionen führen kann, haben Wissenschaftler vom Gladstone Institut herausgefunden.

https://gladstone.org/about-us/press-releases/blood-clotting-protein-triggers-immune-at...

Zitat (Google-Übersetzer):
„In der aktuellen Studie, veröffentlicht in Nature Communications schufen die Forscher ein neues Tiermodell der Krankheit zu bestimmen, ob BBB Leckage kann Autoimmunität führen. Sie entdeckten, dass die Injektion nur ein Tropfen Blut in das Gehirn aus das Gehirn die Immunantwort festgelegt, Kick-Start eine Kettenreaktion, die bei Entzündungen und Myelinschäden geführt. Myelin ist die Schutzhülle, die die Nervenfasern im Gehirn isoliert, und es ist der primäre Ort der Verletzung in MS. Was mehr ist, konnten die Wissenschaftler in der Lage, ein bestimmtes Protein im Blut, das Blut-Gerinnungsfaktor Fibrinogen zu lokalisieren, als Auslöser für die krankheitserregenden Prozess.“

Eine Verletzung der Blut-Hirn-Schranke ist also die Voraussetzung und nicht die Folge von Immunreaktionen im Gehirn.

Es gibt wahrscheinlich eine ganze Reihe von Möglichkeiten, die BHS zu schädigen und damit durchlässig zu machen. Ein sehr häufige sind m.E. Stenosen und andere Anomalien des venösen Systems, dem von wissenschaftlicher Seite bisher wenig Aufmerksamkeit geschenkt wurde.
Der ungestörte Blutabfluß ist nämlich mindestens genauso wichtig wie der Blutzufluß.

Es ist wie in einem Röhrensystem. Wenn die Menge an Flüssigkeit nicht mit der gleichen Geschwindigkeit abfließen kann wie sie eingefüllt wird, kommt es zu einem Stau.
So ist das sicherlich auch in unserem Gefäßsystem. Ein Stau des Zuflusses bedeutet weniger frischer Sauerstoff.
Außerdem ist auch noch zu berücksichtigen, daß das Blut nicht gleichmäßig, sondern pulsstoßartig fließt.
D.h. an einer sogenannten Stenose staut sich das Blut nicht gleichmäßig, sondern wird mit einem Pulsstoß zurück gedrückt. Der entstandene Druck setzt sich bis in die letzten Gefäße fort und potenziert sich, weil die Gefäße ja immer kleiner werden.
Daß die Gefäßwände diesen Attacken nicht ewig standhalten können, ist für mich eigentlich logisch. Vor allem, wenn sie noch zusätzlich durch andere Umweltfaktoren ( falsche Ernährung, Gifte u.a.) geschädigt werden.

Dazu kommt dann noch die Störung des Liquorflusses. Aber ich fürchte, es wird zu viel, wenn ich darauf jetzt auch noch eingehe.

Doro

--
"Lerne zuhören, und du wirst auch von denjenigen Nutzen ziehen, die nur dummes Zeug reden." Platon

RSS-Feed dieser Diskussion

powered by my little forum