Aducanumab gegen die Alzheimer-Krankheit? (Allgemeines)

W.W. @, Dienstag, 08.06.2021, 13:34 (vor 1046 Tagen)

Gerade hat die FDA (amerikanische Zulassungsbehörde) ADUHELM gegen die Alzheimer-Krankheit zugelassen. Das Medikament wurde für 2 Mrd. Dollar von Biogen (AVONEX) entwickelt. Es wird im Frühstadium einmal pro Monat infundiert. Die Kosten für ein Jahr sollen 30.000 bis 50.000$ betragen.

Zum Wirkungsprinzip
Unter dem Mikroskop sind zwei Dinge für den Morbus Alzheimer im Gehirn typisch : die Beta-Amyloid-Plaques und die Alzheimer-Fibrillen. Ich beziehe mich im Folgenden nur auf die Plaques.

Schon vor einigen Jahren, zeigte sich, dass es klinisch erfolglos war, die Plaques medikamentös aufzulösen. Es blieb aber eine zweite Möglichkeit: die Entstehung der Plaques zu verhindern. Dazu muss man wissen, dass die Plaques durch schlecht gefaltetes Beta-Amyloid entstehen. Wenn man also die Produktion von Beta-Amyloid bremsen könnte, dass wäre das möglicherweise eine erfolgversprechender Weg. Das ist das Prinzip von Aduhelm®,

Das Medikament ist umstritten.
In einer ersten Studie verzögerte ADUHELM das Entstehen der Alzheimer-Krankheit, während das in einer 2. nicht gelang. Deswegen hatte sich ein externes Beratergremium gegen die Zulassung ausgesprochen, die FDA meinte jetzt jedoch, der mögliche Nutzen übersteige die möglichen Risiken. Die Nebenwirkungen, die aufgetreten sind, war ein seltenes Hirnödem.

Ist Beta-Amyloid nur schädlich?
Theoretisch ist zu bedenken, das das Beta-Amyloid auch eine nützliche Wirkung hat: Das Beta-Amyloid soll einen Schutz für die Synapsen darstellen. Darauf kam man, als man versuchte, die Gamma-Sekretase medikamentös zu hemmen. Sie ist eine der zwei Scheren, die aus dem großen APP (das Ursprungsprotein des Beta-Amyloids) das kleine Beta-Amyloid-Protein herausschneidet. Die Folge der Hemmung der Gamma-Sekretase war eine Zerstörung der Synapsen.

W.W.

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Aducanumab gegen die Alzheimer-Krankheit?

agno @, Dienstag, 08.06.2021, 18:31 (vor 1046 Tagen) @ W.W.

Darf ich deinen Text so verstehen:
Risiko: klein
Hoffnung: klein
Kosten: gewaltig

grüßt fragend der agno

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Chancen und Risiken

naseweis ⌂ @, in meinem Paradies, Mittwoch, 09.06.2021, 00:47 (vor 1046 Tagen) @ agno

Darf ich deinen Text so verstehen:
Risiko: klein
Hoffnung: klein
Kosten: gewaltig

grüßt fragend der agno

Die Hoffnung ist gross, zumindest für die Aktionäre ;-)
Der Aktienkurs ist seit gestern durch die Decke:


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den Patienten abzulenken,
während die Natur sich selber hilft (Voltaire)

Sisyphos hatte es auch nicht leicht

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monitäre Werte, darüber müsste man mal reden

agno @, Mittwoch, 09.06.2021, 08:33 (vor 1045 Tagen) @ naseweis

Maskenskandale, Behindertenversorgung, Krankenhäuser und Altenpflege als gewinnorientierte Aktiengesellschaften, Schulden und Cum-Ex mit anderen mafiösen Strukturen.
Wo ist das unangenehme aber notwenige kleine zerspanen des Alltags und wann mündet es in Dekadenz?

große Fragen von kleinen Menschen
stellt agno

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Aducanumab gegen die Alzheimer-Krankheit?

W.W. @, Mittwoch, 09.06.2021, 09:53 (vor 1045 Tagen) @ W.W.

Ich habe mich bemüht, über Aducanumab möglichst neutral zu berichten, aber eine Gefahr ist sicherlich, worauf ja auch einige User hingewiesen haben, dass reiche ältere Menschen, die bei sich die Anzeichen einer Alzheimer-Krankheit wahrzunehmen meinen, sich Aduhelm(R) für teures Geld einmal pro Monat infundieren lassen werden. Sicher ist sicher!

Ich selbst habe aufgrund der Datenlage Zweifel daran, dass es die Alzheimer-Krankheit aufhält, wobei ich - wie ich es schon oft getan habe - darauf hinweise, dass wir in einen komplizierten Mechanismus eingreifen, den wir nicht im Ansatz durchschaut haben.

Damit meine ich: Wenn wir medikamentös dafür sorgen, dass weniger Beta-Amyloid aus dem APP (Amyloid-Precursor-Protein) abgespalten wird, dann tun wir so, als ob das Beta-Amyloid vor allem dazu da wäre, Alzheimer-Plaques zu erzeugen, und vergessen dabei möglicherweise, dass das Beta-Amyloid sicherlich auch noch andere, möglicherweise sehr nützliche Aufgaben haben könnte, nämlich die Synapsen zu schützen.

Ganz generell halte ich es für misslich, etwas zu tun, wenn man nicht genau weiß, was man tut. Das wäre so, als ob man alle Ampeln abschalten würde, weil sie den Verkehr behindern und Staus verursachen.

Schon beim Avonex(R), das ja auch von BIOGEN hergestellt wird, bzw. bei den Betainterferonen ganz allgemein ist es mir immer noch nicht ganz klar, warum das Medikament gegen MS helfen soll (denn die Betainterferone waren ja eigentlich gegen den Krebs entwickelt worden), oder ob es nur einen messbaren Effekt (Surrogat-Kriterium) erzeugt, indem es die Zahl neuer MS-Herde verringert.

W.W.

PS: Ich wäre dem Hausmeister sehr dankbar, wenn er meinen Tippfehler im Eingangsposting korrigieren könnte. Es muss in der letzten Überschrift heißen: 'Ist Beta-Amyloid nur schädlich?'.

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Sicher ist sicher

naseweis ⌂ @, in meinem Paradies, Mittwoch, 09.06.2021, 10:31 (vor 1045 Tagen) @ W.W.

Ich habe mich bemüht, über Aducanumab möglichst neutral zu berichten, aber eine Gefahr ist sicherlich, worauf ja auch einige User hingewiesen haben, dass reiche ältere Menschen, die bei sich die Anzeichen einer Alzheimer-Krankheit wahrzunehmen meinen, sich Aduhelm(R) für teures Geld einmal pro Monat infundieren lassen werden. Sicher ist sicher!

Im wilden Westen haben Menschen der Überlieferung nach ja auch Heilung von Snakeoil erhofft und dafür Geld ausgegeben .....

Und es gab Quacksalber die Quecksilber rezeptierten ...

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Sisyphos hatte es auch nicht leicht

Sicher ist sicher

W.W. @, Mittwoch, 09.06.2021, 12:40 (vor 1045 Tagen) @ naseweis

So ganz sicher bin ich mir nicht, ob es Parallelen gibt zwischen Quecksilber gegen Syphilis und Betainterferone gegen MS.

Wolfgang

PS: Danke für die Korrektur!

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Quecksilber (nicht nur) vom Quacksalber

naseweis ⌂ @, in meinem Paradies, Mittwoch, 09.06.2021, 13:02 (vor 1045 Tagen) @ W.W.

So ganz sicher bin ich mir nicht, ob es Parallelen gibt zwischen Quecksilber gegen Syphilis und Betainterferone gegen MS.

Ich erinnere mich gut an Mercurochrom.
Das war lange Standard in der Wundversorgung.

https://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/desinfektionsmittel-mercurochrom-wir-waren-d...

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Sisyphos hatte es auch nicht leicht

Aducanumab gegen die Alzheimer-Krankheit?

W.W. @, Freitag, 11.06.2021, 10:18 (vor 1043 Tagen) @ W.W.

Ist es überhaupt denkbar, ein Medikament gegen die Alzheimer-Krankheit zu finden? Ich glaube, jemand sagte einmal, Altern sei eine Krankheit. Wenn man das genau betrachtet, könnte etwas daran sein: Gelenke verschleißen sich, die Haut wird faltig, das Denken langsamer, und die Erinnerungslücken nehmen zu.

Jedermann würde es vermutlich begrüßen, wenn es endlich eine Therapie gegen das Altern gäbe und die Gesichtsmuskulatur straffer würde. Aber das könnte auch eine Täuschung sein - wie man auf dem Jahrmarkt oder beim Hütchenspiel betrogen wird.

Aber ist es gerechtfertigt, die Alterungsprozesse mit dem Morbus Alzheimer gleichzusetzen - in dem Sinn etwa, dass jedes Altern auch ein bisschen mit Alzheimer oder Parkinson einhergeht?

Ist das also ein allmählicher Übergang von geistiger Gesundheit bis zur Demenz? Oder ist es das plötzliche Einbrechen der Hirnleistungsfunktionen, die den Alzheimer kennzeichnen? Gibt es also etwas Krankhaftes, das sich einem normalen Alterungsprozess überlagert?

Sollte also ein Medikament wie Nootrop(R) uns nur dabei helfen, dass uns die Alterungsvorgänge zu rapide überfallen. Hilft es etwa in der Weise wie Enkel- und Urenkelkinder uns beim Jungbleiben helfen?

Worauf ich hinauswill: Besteht nicht immer die Gefahr, hinter einer Traurigkeit eine Depression oder hinter einem beginnenden Gedächtnisverlust eine Alzheimer-Demenz zu befürchten? Dass wir etwas für eine Krankheit halten, was ganz normal ist?

W.W.

Aducanumab gegen die Alzheimer-Krankheit?

W.W. @, Freitag, 11.06.2021, 12:34 (vor 1043 Tagen) @ W.W.

Worauf ich hinauswill: Besteht nicht immer die Gefahr, hinter einer Traurigkeit eine Depression oder hinter einem beginnenden Gedächtnisverlust eine Alzheimer-Demenz zu befürchten? Dass wir etwas für eine Krankheit halten, was ganz normal ist?

Oder dass wir hinter einem Übergewicht einen Gendefekt vermuten.

W.W.

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