Ich weiß nicht, wie Cortison wirkt. (Allgemeines)

W.W. @, Freitag, 06.08.2021, 12:29 (vor 991 Tagen)

Damit meine ich nicht, dass ich nicht genau weiß, wie Cortison wirkt, sondern dass ich es gar nicht weiß. Ich möchte das begründen.

Hinsichtlich von Cortison stehen sich zwei Lager feindlich gegenüber. Das eine (1) meint, Cortison dämpfe den Krankheitsverlauf (z.B. bei der MS), indem es die aus dem Ruder geratene Autoimmunreaktion abbremse.

Dieses 'Dämpfen' kann in zweierlei Hinsicht verstanden werden: Cortison könne a) den Entzündungsprozess abmildern und damit dafür sorgen, dass der entstehende Entzündungsherd nicht zu groß wird oder nicht zu zerstörerisch in seinem Inneren verlaufe. b) wurde früher einmal vermutet, Cortison könne aufgrund seiner abschwellenden Wirkung dazu beitragen, dass das durch die Entzündung angeschwollene Hirngewebe nicht zusätzlich in einem knöchernen Engpass (z.B. Canalis opticus) sozusagen "stranguliert" werde.

Letztere Möglichkeit ist durch viele Untersuchungen ausgeschlossen worden (Auch der relativ enge Canalis opticus ist geräumig genug, um auch den schwer entzündeten Sehnerven nicht einengen zu können!), so dass diese Schädigungsweise nicht mehr ernsthaft diskutiert wird. Auch Renate_S., die eine kompetente Cortison-Kennerin ist, hält nichts von einer etwaigen Strangulation von Hirngewebe, sondern ist der Ansicht, Cortison sei im akuten MS-Schub angezeigt, weil es die Entzündungsvorgänge im Herd bremse - auch wenn Renate_S. immer betont hat, die von der DMSG und der internationalen MS-Gesellschaft empfohlenen Cortisondosen im akuten Schub seien "Killerdosen", also viel zu hoch dosiert.

Das andere Lager (2) meint, Cortison habe zwar eine abschwellende (antiödematöse) Wirkung, aber diese beeinflusse den Krankheitsprozess eher negativ, weil die Schwellung ein Bestandteil des Ausheilungsprozesses sei, in den man nicht ungestraft eingreifen solle.

Ich persönlich meine, man solle im akuten MS-Schub in jedem Fall auf eine Cortisonbehandlung verzichten, weil Cortison den Entzündungsprozess wie ein Scharlatan vorübergehend zum Stillstand bringt, diesen dabei aber keineswegs günstig beeinflusst, sondern diesen nach Tagen zum Wiederaufflackern bringt, wenn man zu früh wieder absetzt, bzw. schwere Nebenwirkungen verursachen kann.

Damit habe ich versucht, die übliche Einstellung zur Cortisonbehandlung im frischen MS-Schub darzustellen, aber es geht mir auch noch um ein 3., das mir ebenfalls rätselvoll erscheint.

Man hält es nach Selye für allgemein akzeptiert, dass Cortison ein Stresshormon ist, d.h. es regelt das Fight-or-Flight-Verhalten, versetzt also den Organismus in die Lage, blitzschnell zu entscheiden, ob man besser kämpfen oder fliehen soll. Pb hat hier im Forum immer wieder auf eine weitere Möglichkeit hingewiesen, die bei der MS eine Rolle spielen könnte: Man kann in einer Gefahrensituation wie "festgenagelt" verharren, wenn beide Stricke, die an einem in entgegengesetzten Richtungen ziehen gleich stark sind. Man nennt das '"freezing" ("einfrieren").

Obwohl ich glaube, dass dieser Freezing-Reaktion bei der MS tatsächlich eine wichtige Rolle zukommt, möchte ich hier von etwas anderem sprechen, was vielleicht manchem unangemessen und zu wenig begründet erscheinen mag - es ist auch nur ein "lautes Denken": Ich glaube(!), Cortison dämpft unsere Todesangst! Es könnte sogar in der Lage sein, sich dem Tod, der sich einem bedrohlich und unausweichlich nähert, trotz seiner Entsetzlichkeit hinzugeben, ohne Angst oder Schmerzen zu verspüren.

W.W.

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Cortison & MS

agno @, Freitag, 06.08.2021, 14:04 (vor 991 Tagen) @ W.W.

Was therapiert Corti am MS-Patient?
schwierig...

a.) Man weiß dasss Corti das Autoimmunsystem drosselt.
b.) Man weiß dass Corti auf Entzündungen abschwellend wirkt.
c.) Man weiß dass Corti aufputschend wirkt.
d.) Man weiß dass Corti keinen langfristigen Einfluss auf die MS-Prognose hat.

*schulterzuckend*

1.) Wer seinen Beruf und seine finanzielle Existenz verliert
2.) oder seine Wohnung verlassen muss, wenn er mal schnell eine Weile mit Schub ausfällt,
3.) ein schreiendes Kleinkind versorgen will,
dem ist das Kleingedruckte auf der Infusionsverpackung egal.

a. reicht für den Arzt um zu verordnen.
b. reicht für den gemeinen MS-Patient, um ja zu sagen, wenn der Arzt zur CortiTherapie drängt.

Da sind viele seltsame Konstellationen unterwegs. Alle sind unterwegs in gutem Glauben.
aber...
Ich behaupte mal dass niemand genaueres weiß.

agno

P.S.: Ja, Wolfgang ich weiß es! Du magst meine Aufzählungen nicht. Aber ich empfinde diese Aufstellungen in unklaren Situationen als klärend.

--
Weiß nicht, woher ich komm, weiß nicht, wie lang ich bleib, weiß nicht, wohin ich geh, mich wundert, dass ich glücklich bin ...

Cortison & MS

W.W. @, Freitag, 06.08.2021, 16:13 (vor 991 Tagen) @ agno

Ja. es stimmt. Ich ag diese Aufzählungen nicht! Weil sie den Eindruck erwecken, ich sei ein Computerprogramm oder würde in der BRIGITTE an einem Multiple-Choice-Test teilnehmen. Und ich kann oft nicht unterscheiden, ob sie klug klingen oder wirklich klug sind?!

Und dennoch ist es bedenkenswert, was du schreibst. Kann man einem MS-Betroffenen einen Vorwurf daraus machen, dass er sich in seiner Not auf seinen Neurologen verlässt? Und kann man einem Neurologen einen Vorwurf daraus machen, dass er Richtlinien der DMSG erfüllt?

Wahrscheinlich ist die Antwort: Nein, wahrscheinlich sind Vorwürfe nicht gerechtfertigt!

Und dennoch: Informiert die DMSG nach dem neuesten Stand der Wissenschaft? Oder hat sie sich in einer 'Blase' verkrochen? Gab es nicht genügend Hinweise (wenn nicht gar Beweise), dass die Behandlung eines frischen MS-Schubs das Ausmaß der bleibenden Behinderungen nicht beeinflusst? Oder dass täglich 500 oder 1000mg Methylprednisolon (Urbason) über 3-5 Tage absolute Horror-Dosen sind?

Falls es diese aber gab, dann hätte die DMSG darüber informieren oder das Problem wenigstens zur Diskussion stellen sollen.

Wolfgang

PS: Ich habe das Gefühl(!), dass die DMSG die MS-Betroffenen nicht gut genug aufklärt.

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MS & Entscheidungen

agno @, Samstag, 07.08.2021, 09:41 (vor 990 Tagen) @ W.W.

Man könnte Verbandskritisch eingestellt sein und trotzdem dessen Vorteile nutzen.
Man könnte W.W. mögen und sich trotzdem nicht in private Scharmützel einspannen lassen.
Man könnte vermuten, dass das Handeln der MS-Spezialisten genau so auf "glaube" beruht, wie das unterschiedliche handeln diverser Patienten.
Man könnte diese Listen nicht mögen und diese trotzdem immer wieder aufschreiben.
Man könnte nach der strategischen Aufarbeitung der Liste, trotzdem nach Bauchgefühl entscheiden.
Man könnte alleine und hilflos sein und sich trotzdem nicht verloren geben.

Gruß agno

P.S.: Ilse Helbich: "Ich würde mich nicht trauen, jemanden zu trösten, der im Begriff ist, sich selbst verlorenzugehen. Es kann immer noch sein, dass ich in voller Verzweiflung ende."

--
Weiß nicht, woher ich komm, weiß nicht, wie lang ich bleib, weiß nicht, wohin ich geh, mich wundert, dass ich glücklich bin ...

Eigentlich... Erkenntnisse vermitteln

MO @, Zürich, Samstag, 07.08.2021, 11:05 (vor 990 Tagen) @ W.W.

...

Und dennoch ist es bedenkenswert, was du schreibst. Kann man einem MS-Betroffenen einen Vorwurf daraus machen, dass er sich in seiner Not auf seinen Neurologen verlässt? Und kann man einem Neurologen einen Vorwurf daraus machen, dass er Richtlinien der DMSG erfüllt?

...

... Oder dass täglich 500 oder 1000mg Methylprednisolon (Urbason) über 3-5 Tage absolute Horror-Dosen sind?

...

PS: Ich habe das Gefühl(!), dass die DMSG die MS-Betroffenen nicht gut genug aufklärt.

Eigentlich wusste ich worauf ich mich bei einer Kortison-Stoss-Therapie einlasse, nur verstanden hatte ich es erst Jahre später.

Ein leitender Professor einer Uniklinik MS Ambulanz sagte mir im Hinblick zur startenden Kortison-Stoss-Therapie:

"Wir haben nichts anderes als Kortison für ihre Situation!

Eine andere MS-Koryphäe einer anderen MS-Ambulanz erklärte mir vor meiner ersten Stosstherapie, dass diese zwei Seiten hätte. Sie stoppt nicht nur sämtliche Entzündungsprozesse sondern auch die Reparaturprozesse.

"Deshalb muss man die Vor- und Nachteile einer Kortison-Stoss-Therapie genau abwägen."

Als frischdiagnostizierter MSler ist man unfähig die Tragweite einer Kortison-Stoss-Therapie oder einer Basistherapie richtig einzuschätzen und es gibt in dieser Situation auch kein Mami oder Papi mehr, die anstelle seiner selbst die Entscheidung für einen treffen würde. Das ist auch nicht die Aufgabe der Ärzte oder der dmsg, schliesslich sind wir alles mündige Bürger.

Die Frage ist doch: Wie kann man einem Patienten Erkenntnisse früher vermitteln damit er diese unnützen Erfahrungen, die schon viele Leidensgenossen vor ihm durchmachten, nicht auch noch wiederhohlen muss?

--
Ich liebe den Herbst, dank seinen kühleren Temperaturen erwacht mein Geist.

Eigentlich... Erkenntnisse vermitteln

kirstenna @, Sonntag, 08.08.2021, 18:26 (vor 989 Tagen) @ MO

Das ist genau der Punkt, Mo, den ich immer suche.

Warum erfährt man nicht VORHER, worum es geht, durch Informationen, Erfahrungsberichte?

Warum versteht man es nicht richtig, wenn man sie bekommt?

Warum macht man Murks mit, auch wenn schon jemand ankündigt, das wäre nicht das "Gelbe vom Ei"?

Warum springt man nicht vom fahrenden Zug, wenn er auf eine Mauer zurast?

Warum macht man "Erfahrungen", auch wenn man vorher weiß, dass man sie sich schenken kann?

Nur, weil einem gerade nichts Besseres eingefallen ist?

Weil man sich in die Welt des Gegenübers hat einsaugen lassen, obwohl man da Abgründe sah?

Wegen der "Autoritätsperson", die man einst eingebläut bekam?

Warum ist man aus Unachtsamkeit blöd?

Warum geht man nicht unbeirrbar seinen Weg weiter?

Eigentlich... Erkenntnisse vermitteln

W.W. @, Sonntag, 08.08.2021, 18:47 (vor 989 Tagen) @ MO

Ich habe den Eindruck, den MS-Betroffenen mit einem frischen Schub wird etwas vorgegaukelt, nämlich, dass der Schub mit Cortison nicht nur schneller, sondern auch besser abklingt.

Ich bin mir auch sicher, dass sich die DMSG-Neurologen darüber einig sind, dass Cortison die Abheilung eines Schubs nicht verbessert, dass es also für den Abheilungsprozess egal ist, ob man Cortison bekommt oder nicht, aber dieses den Betroffenen vorenthalten wird.

Wenn die Neurologen ihre Patienten darüber aufklären würden, dass Cortison höchstens die Schubdauer etwas verkürzt, aber das, was nach einem Schub zurückbleibt, nicht beeinflusst, dann würden viele Betroffene auf Cortison verzichten.

Das verstehe ich unter einer wissenschaftlich korrekten Aufklärung. Und ich bin mir auch sicher, dass die meisten Neurologen die Cortisondosen mit 3mal 500-1000mg Methylprednisolon für viel zu hoch halten, aber sie sagen es nicht!

Ich meine also, es wäre besser, die Patienten würden besser aufgeklärt. Das ist ein Vorwurf, den ich der DMSG mache, bin aber gern bereit, meine Meinung zu korrigieren, wenn stichhaltige Gegenargumente kommen.

W.W.

Eigentlich... Erkenntnisse vermitteln

Mimmi, Sonntag, 08.08.2021, 19:59 (vor 989 Tagen) @ W.W.

Die dmsg schreibt:
"Die Steroidpulstherapie führt in der Regel zu einer raschen Symptomverbesserung und einer Verkürzung der Erholungsphase nach einem akuten Schub".

Das die dmsg behauptet, Cortison hätte einen positiven Einfluss auf die Behinderungsprogression kann ich nicht finden.

Das habe ich übrigens auch noch nirgendwo gelesen.

Allerdings könnte die dmsg noch ergänzen, dass Cortison bei jedem 4. Patienten den Schub verkürzt (nüchtern betrachtet keine schlechte Erfolgsquote für ein Medikament).

Obwohl mir klar ist, dass die Hochdosistherapie keinerlei langfristigen Effekt hat, würde ich Cortison trotzdem im akuten Schub nehmen - ich verzichte lediglich darauf, weil ich es so dermaßen schlecht vertrage.

Hinzukommt, dass sich das Aussitzen eines Schubes auch
nicht jeder leisten kann (Berufstätigkeit, kleine Kinder,....).

Mal ganz abgesehen davon, dass so ein Schub durchaus ein unangenehmes Ereignis sein kann.
In der Regel greift man/frau ja auch zu einem Schmerzmittel bei Kopfschmerzen, obwohl die Nebenwirkungen schwerwiegend sein können.

Worüber Sie sich echauffieren ist mir also nicht wirklich klar Herr Weihe?

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Wolfgang: Ceterum censeo Carthaginem esse delendam

agno @, Sonntag, 08.08.2021, 21:16 (vor 989 Tagen) @ Mimmi

Wolfgang möchte das bei der MS-Therapie sein, was die Stiko mit Mertens bei Impfungen ist. Er empfindet dass "unser Verband" auch in dieser Pflicht wäre.

1. ich bin der Meinung dass Wolfgang recht hat.
2. ich werde deshalb niemand einen Krieg erklären.
3. bedeutet das nicht, dass keine guten Gründe geben könnte, um anders zu handeln. ;-) Wenn man weiß was man tut und eigenverantwortlich handelt.
agno

--
Weiß nicht, woher ich komm, weiß nicht, wie lang ich bleib, weiß nicht, wohin ich geh, mich wundert, dass ich glücklich bin ...

Wolfgang: STMSKO

Mimmi, Montag, 09.08.2021, 00:47 (vor 989 Tagen) @ agno

Dann gründet er halt einen neuen Verein ;-) Zumindest virtuell, bzw. im geschützten Ufo-Forum dürfte dies ja kein großes Problem darstellen.
Meinetwegen rede ich Wolfgang Weihe also in Zukunft mit STMSKO an.
Auf einen Verein/eine Kommission mehr oder weniger kommt es ja letztendlich auch nicht an.

Allerdings müsste bei genauer Betrachtung auch die STMSKO eine Empfehlung für Cortison im akuten Schub geben?
Kortison ist das derzeit einzig zur Verfügung stehende Mittel, jeder 4. profitiert von der Behandlung und für die Bevölkerung ist es doch auch von Vorteil, wenn nicht jeder Schub gleichbedeutend mit einem wochen- oder monatelangen Totalausfall ist.

Wolfgang: STMSKO

fRAUb, Montag, 09.08.2021, 05:45 (vor 989 Tagen) @ Mimmi

Öhm... Na dann!
Nicht dass ich der Meinung bin, dass die derzeit noch praktizierenden Kollegen von Herrn Dr Weihe mehr hergeben würden, aber das ist jetzt nicht dein Ernst?!

Es brauchte eine Neurolution,... Ach nee, lieber doch nicht. Diese Welt hat wichtigere Probleme, die sie angehen muß...

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STMSKO

agno @, Montag, 09.08.2021, 06:16 (vor 988 Tagen) @ Mimmi

Allerdings müsste bei genauer Betrachtung auch die STMSKO eine Empfehlung für Cortison im akuten Schub geben?

Tja, du stellst die Frage der Fragen.
aber... der Nebel bleibt imho

agno

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STMSKO / P.S.:

agno @, Montag, 09.08.2021, 07:41 (vor 988 Tagen) @ agno

https://de.wikipedia.org/wiki/St%C3%A4ndige_Impfkommission
"Wirtschaftliche Kosten-Nutzen-Bewertungen gehören nicht zum gesetzlichen Auftrag der STIKO und sind keine primäre Entscheidungsgrundlage für ...empfehlungen. Die Empfehlungen erfolgen insbesondere auf der Basis von Wirksamkeitsangaben und Informationen zu möglichen ...risiken"
Epedemiologische Aspekte sind bei der MS weniger vorhanden imho

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Eigentlich... Erkenntnisse vermitteln

W.W. @, Montag, 09.08.2021, 10:18 (vor 988 Tagen) @ Mimmi

Um es vorsichtig zu formulieren: Ich habe den Eindruck, die Einstellung der DMSG zur Cortsisonbehandlung des frischen Schubes habe sich im Laufe der letzten Jahrzehnte geändert - nicht zuletzt auch deshalb, weil sie immer wieder kritisiert wurde. Kritik führt oft dazu, dass etwas besser wird!

Zu Beginn hatte man Cortison wohl für ein Medikament gehalten, das wegen seiner antientzündlichen Eigenschaften die Entzündungsvorgänge in einem frischen MS-Schub günstig beeinflusste, das hieß, dass eine Cortisonbehandlung des frischen Schubs nicht nur symptomatisch, also schubverkürzend wirke, sondern auch die Zerstörungsvorgänge innerhalb eines frischen Herdes bremse. Ich meine, die vorzügliche Cortison-Kennerin Renate_S. habe hier immer diese Meinung vertreten.

Dann kamen Diskussionen auf, ob man Cortison nicht zu niedrig dosiert habe, worauf man sich schließlich aufgrund der umstrittenen Opticusneuritis-Studie von Beck auf 500-1000mg Methylprednisolon über 3 Tage einigte.

Aber musste Cortison tatsächlich intravenös gegeben werden, reichte nicht die orale Gabe? War nicht Dexamethason dem Methylprednisolon überlegen? Und wann musste ausgeschlichen werden?

Diese Unsicherheiten und Diskussionen führten zu der wohl heute vorherrschenden Ansicht, dass Cortison trotz aller Hoffnungen, die man in es gesetzt hatte, nicht das Ausmaß der Schädigungen in einem MS-Herd verringert, dass man also keinem vorwerfen kann, wenn er in einem akuten Schub auf Cortison verzichtet (weil er angeblich sozusagen sehenden Auges sich einem Medikament verweigert, das in der Lage ist, die Schäden, die spürbar oder unmerkbar nach einem Schub bleiben, zu verringern).

Es hat sich also die Gewissheit durchgesetzt, dass eine Cortisonbehandlung des frischen MS-Schubes keinerlei Auswirkung darauf hat, wie gut sich die Ausfälle zurückbilden - übrigens auch nicht bei der Sehnervenentzündung, obwohl das immer Betroffenen wie ein drohendes Übel an die Wand gemalt wurde: "Ohne Cortison gehst du das Risiko ein, dass du einen Sehschaden zurückbehältst!"

Es wurde also MS-Betroffenen gegenüber viel gedroht von der Erblindung bis zur Rollstuhlabhängigkeit, und ich fürchte, das ist auch heute noch so, sowohl was die Cortisonbehandlung anbelangt als auch die mehr oder minder versteckte Drohungen seitens von Neurologen, die eine Basistherapie empfehlen.

Hinsichtlich von Cortison hat sich aus wissenschaftlich die Meinung durchgesetzt, dass eine Cortisonbehandlung lediglich die Schubdauer verkürzen kann. Das mag für einige MS-Betroffene von Bedeutung sein, ist aber auch fragwürdig, weil es doch nach dreitägiger hochdosierter Cortisontherapie nach abruptem Absetzen zu einem Wiederaufflackern der Entzündung in einem frischen MS-Herd kommen kann, der zu einer erneuten Cortisontherapie oder gar einer Plasmapherese Anlass gibt. Unter dem Strich bin ich mir also gar nicht so sicher, dass Cortison die Schaubdauer wirklich erheblich verkürzt.

Ich bin mir auch nicht so sicher, ob ausreichend deutlich darauf hingewiesen wird, dass Cortison keine Auswirkung auf den Grad der Rückbildung der Schub-Symptome hat. Hier scheint mir in der MS-Literatur viel im Trüben gefischt zu werden, indem der Eindruck erweckt wird, man tue sich unabhängig von der etwaigen Verkürzung der Schubdauer mit Cortison etwas Gutes.

Ich bleibe dabei, dass das Gegenteil der Fall ist: Man greift mit Cortison 1. in die Selbstheilungsprozesse im MS-Herd ein und riskiert 2. erhebliche Nebenwirkungen. Deswegen plädiere ich dafür, in aller Regel auf eine Cortisonbehandlung des frischen MS-Schubes zu verzichten. Man muss sich dreimal überlegen, ob man sich mit Cortison behandeln lässt! Es darf nicht die Regel sein!

W.W.

PS: Das Thema ist schwierig, und man sagt leicht etwas, was juristisch anfechtbar ist, deshalb bin ich bereit, meine Meinung zu revidieren, wenn man mir Fehler in meiner Argumentation nicht beweist, sondern plausibel macht.

DMSG + Kortison

Boggy, Montag, 09.08.2021, 14:04 (vor 988 Tagen) @ W.W.

Quelle:

dmsg-Hamburg Schubtherapie

"• Es gibt keine Studien, die ohne Zweifel die Wirksamkeit von Kortison
zur Therapie des akuten Schubes der MS beweisen.
• Die Gabe von Kortison bei akuten Schüben der MS bewirkt vermutlich
ein schnelleres Abklingen der Beeinträchtigungen.
• Klare Belege, welches die beste
Dosis oder die beste Art der
Einnahme ist, liegen nicht vor.
(...)
Die Frage, ob die Kortisontherapie zu
einer geringeren Beeinträchtigung nach
Ende des Schubes führt, kann wegen
fehlender Studiendaten nicht beantwor-
tet werden.
(...)
Die Kortisontherapie führt bei einem
von vier Behandelten zu einem schnel-
leren Abklingen des Schubes. Die
Wirksamkeit innerhalb von 5 Wochen
ist dabei möglicherweise später nicht
mehr nachweisbar.
• Es gibt Vorbehalte, welche die Aus-
sagekraft der Studienergebnisse ein-
schränken
(...)
Die Kortisontherapie führt wahrschein-
lich nicht zu einer Verhinderung oder
einer Verzögerung neuer Schübe
(...)
• Methylprednisolon ist das derzeit am häufigsten verabreichte
Medikament zur Schubtherapie.
• Da es keine vergleichenden Studien gibt, kann die
Frage nach dem wirksamsten Kortison nicht
beantwortet werden.
(...)
Für die Wirksamkeit der Hochdosistherapie gibt es
am ehesten aussagekräftige Studienergebnisse.
• Bei der Niedrig- und Ultrahochdosistherapie sind
diese nur eingeschränkt vorhanden.
(...)
Die Gabe von Kortison bei akuten Schüben der MS bewirkt vermutlich bei einem
Teil der Behandelten ein schnelleres Abklingen der Beeinträchtigungen.
• Spezifische Nebenwirkungen treten hierbei sehr häufig auf.
• Eine Beeinflussung des weite-
ren Verlaufs der MS durch die
Kortisontherapie ist fraglich.
(...)
Verfallsdatum dieser Broschüre: 1. Juni 2011"

Die Website-Adresse legt nahe, daß die Broschüre trotzdem 2015 nochmal ins Netz gestell wurde.
Boggy

--
Um unserer persönlichen und gesellschaftlichen Freiheit willen müssen wir immer wieder die Saat des kritischen Verstandes und des begründeten Zweifels säen.

DMSG + Kortison

W.W. @, Montag, 09.08.2021, 14:21 (vor 988 Tagen) @ Boggy

Dieser Einschätzung der Hamburger stimme ich vollumfänglich zu. Aber ist sie auch die Haltung der DMSG? Bzw. hat sie sie auch so klar formuliert?

Ich könnte mir vorstellen, dass Cortison gegenüber eine breite Vielfalt von Meinungen existiert, die sowohl den Neurologen als auch den MS-Betroffenen die Freiheit gibt, sich zu entscheiden.

Ich bin ganz ausgesprochen der Meinung der UKE, meine aber, dass die Wissenschaftler dort klarer sprechen als die DMSG, und die Gefahr besteht, dass sich jeder aussuchen kann, was dem eigenen Gusto entspricht.

Das ist kein Nachteil, aber eine Unklarheit, aufgrund derer - meiner Befürchtung nach - sich einige MS-Betroffene für eine Cortison-Stoßtherapie entscheiden, obwohl sie das nicht täten, wenn ihnen die DMSG oder ihr Neurologe klipp und klar sagen würden: "Ob ihr euch nun Cortison geben lasst oder nicht, es verkürzt möglicherweise die Schubdauer, aber es hat keinerlei Einfluss auf das, was von eurem Schub übrigbleibt. Auch dann nicht, wenn ihr eine Sehnervenentzündung habt."

Meine Einschätzung könnte falsch sein, aber eines scheint mir sicher zu sein: Die Empfehlungen der UKE decken sich nicht mit den Empfehlungen der DMSG.

W.W.

Stockholm-Syndrom?

MO @, Zürich, Montag, 09.08.2021, 14:58 (vor 988 Tagen) @ Boggy

Wenn ich diese Broschüre mit meinem Wissen von heute lese, dann frage ich mich welcher Teufel mich damals geritten hatte?

Besteht vielleicht die Möglichkeit, dass man als MS-Betroffener in eine Art Stockholm-Syndrom gegenüber seinen Ärzten verfällt? Man glaubt ihnen jedes Wort und vertraut auch den von ihnen abgegebenen Hochglanz-Prospekten?
Vielleicht weil ich mir durch meine überkorrekt brave Haltung Milde vom Schicksal erhoffe?

Aber ich muss zu meiner Beruhigung sagen, damals, als ich nach Stosstherapien verlangte, war ich überhaupt nicht fähig eine solche Broschüre auch nur ansatzweise zu verstehen.

--
Ich liebe den Herbst, dank seinen kühleren Temperaturen erwacht mein Geist.

Stockholm-Syndrom?

W.W. @, Montag, 09.08.2021, 16:40 (vor 988 Tagen) @ MO

Ja, ich glaube, Ärzte haben eine 'unheimliche' Macht, vor allem, wenn sie sich auf Leitlinien stützen.

Auch wenn sich heutzutage praktisch jeder im Internet informieren kann, wird es vielen zu gehen, das zu tun, was ihnen der 'Spezialist' oder ein vertrauter Arzt sagt. Ich würde vermutlich genau so handeln.

Das, was in der Broschüre der UKE steht, ist mustergültig!:-) Allerdings habe ich nicht den Eindruck, dass UKE und DMSG mit einer Zunge sprechen. Z.B. steht die UKE-Broschüre der Basistherapie sehr kritisch gegenüber, die DMSG scheint eher den Standpunkt 'Hit hard and early' zu vertreten.

W.W.

PS: Ich erwähnte, dass Botschaften durcheinandergehen können, auch wenn sie - wenn man es juristisch betrachtet - korrekt sind.

Mein Beispiel ist die Doppeldeutigkeit der Berichterstattung. Wenn die Delta-Variante nach Meinung einiger Medien ‚deutlich aggressiver’ ist, dann kann das zweierlei bedeuten: ‚Sie ist infektiöser.' oder ‚Sie ist tödlicher.'

Das ist die Doppeldeutigkeit von Aussagen, auf die ich hingewiesen habe. Die korrekte Botschaft müsste lauten: ‚Die Delta-Variante ist ansteckender als das ursprüngliche Virus, aber die Betroffenen erkranken weniger schwer.’

Die Möglichkeit, mit Wörtern zu spielen, hat zugenommen! Auch hinsichtlich von Cortison und MS-Schub sind beide Aussagen wissenschaftlich zutreffend: ‚Cortison hilft beim frischen Schub (weil es die Schubdauer verkürzt)’ und ‚Man kann bei einem frischen Schub getrost auf Cortison verzichten (weil es keinen Einfluss auf die Schwere des Schubes und dessen Restfolgen hat).’

Das meine ich, wenn ich sage, man könne nach Gusto (Geschmack) entscheiden und sich das aussuchen, was einem am besten gefällt.

Ich glaube, Sie trifft keine Schuld, wenn Sie sich mit Cortison haben behandeln lassen, aber Sie hätten - meiner Meinung nach - besser informiert werden können.

Delta-Variante

Boggy, Montag, 09.08.2021, 17:02 (vor 988 Tagen) @ W.W.

Mein Beispiel ist die Doppeldeutigkeit der Berichterstattung. Wenn die Delta-Variante nach Meinung einiger Medien ‚deutlich aggressiver’ ist, dann kann das zweierlei bedeuten: ‚Sie ist infektiöser.' oder ‚Sie ist tödlicher.'

Das ist die Doppeldeutigkeit von Aussagen, auf die ich hingewiesen habe. Die korrekte Botschaft müsste lauten: ‚Die Delta-Variante ist ansteckender als das ursprüngliche Virus, aber die Betroffenen erkranken weniger schwer.’

Nein, das ist nicht korrekt!

Quelle:
https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/126034/US-Gesundheitsbehoerde-Delta-Variante
(neues Fenster/tab)

"Die Delta-Variante des Coronavirus SARS-CoV-2 ist der US-Gesundheitsbehörde CDC zu­folge so an­steckend wie Windpocken und kann den Schutz von Impfungen leichter durchbrechen. Das heißt auch Geimpfte können sich mit der Variante anstecken und diese weitergeben – sind aber selbst vor schweren Verläufen geschützt, (...)

In der Präsentation werden bislang unveröffentlichte Studiendaten zitiert, nach denen geimpfte Men­schen, die sich mit Delta infizieren, das Virus genauso leicht weitergeben wie nichtgeimpfte Infizierte. Geimpfte Delta-Infizierte weisen dabei offenbar eine Viruslast auf, die mit nicht geimpften Delta-Infizier­ten vergleichbar ist. (...)

Zudem kommt die CDC zu dem Schluss, dass Delta wohl gefährlicher ist als das ursprüngliche SARS-CoV-2 und Erkrankte eher schwere Verläufe erfahren. "

Boggy

--
Um unserer persönlichen und gesellschaftlichen Freiheit willen müssen wir immer wieder die Saat des kritischen Verstandes und des begründeten Zweifels säen.

Delta-Variante

fRAUb, Montag, 09.08.2021, 17:17 (vor 988 Tagen) @ Boggy

Mein Beispiel ist die Doppeldeutigkeit der Berichterstattung. Wenn die Delta-Variante nach Meinung einiger Medien ‚deutlich aggressiver’ ist, dann kann das zweierlei bedeuten: ‚Sie ist infektiöser.' oder ‚Sie ist tödlicher.'

Das ist die Doppeldeutigkeit von Aussagen, auf die ich hingewiesen habe. Die korrekte Botschaft müsste lauten: ‚Die Delta-Variante ist ansteckender als das ursprüngliche Virus, aber die Betroffenen erkranken weniger schwer.’


Nein, das ist nicht korrekt!

Quelle:
https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/126034/US-Gesundheitsbehoerde-Delta-Variante
(neues Fenster/tab)

"Die Delta-Variante des Coronavirus SARS-CoV-2 ist der US-Gesundheitsbehörde CDC zu­folge so an­steckend wie Windpocken und kann den Schutz von Impfungen leichter durchbrechen. Das heißt auch Geimpfte können sich mit der Variante anstecken und diese weitergeben – sind aber selbst vor schweren Verläufen geschützt, (...)

In der Präsentation werden bislang unveröffentlichte Studiendaten zitiert, nach denen geimpfte Men­schen, die sich mit Delta infizieren, das Virus genauso leicht weitergeben wie nichtgeimpfte Infizierte. Geimpfte Delta-Infizierte weisen dabei offenbar eine Viruslast auf, die mit nicht geimpften Delta-Infizier­ten vergleichbar ist. (...)

Zudem kommt die CDC zu dem Schluss, dass Delta wohl gefährlicher ist als das ursprüngliche SARS-CoV-2 und Erkrankte eher schwere Verläufe erfahren. "

Boggy

Nun denne.
Ich hoffe, ihr seid alle geimpft. Habe in den letzten Monaten so einiges erlebt. Von notorischen Impfggegnern, bishin zu Menschen, die sich nicht gefahrlos impfen lassen können und den rucksichtslosen geimpften schon mal gar nichts gönnen.

Wir sind geimpft, unsere Freunde auch, aber wir sind nicht rücksichtslos. Das können wir uns nicht leisten.

Delta-Variante

W.W. @, Montag, 09.08.2021, 18:23 (vor 988 Tagen) @ Boggy

Ich fürchtete schon, etwas falsch wiedergegeben zu haben. Ich glaube, es ist sehr schwierig geworden, etwas mit eigenen Worten zu sagen.:-( Aber ich will unverdrossen weiter üben!

W.W.

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Delta-Variante

agno @, Mittwoch, 11.08.2021, 06:44 (vor 986 Tagen) @ W.W.

Ich fürchtete schon, etwas falsch wiedergegeben zu haben. Ich glaube, es ist sehr schwierig geworden, etwas mit eigenen Worten zu sagen.:-( Aber ich will unverdrossen weiter üben!

W.W.

Alles in Ordnung!
Klare emotionsfreie Information ist wirklich dünn gesäht, aber vorhanden.
https://www.n-tv.de/wissen/So-unterscheiden-sich-die-Corona-Mutanten-article22727381.html

Es ist wichtig im Gespräch zu bleiben. Es kann gefährlich werden wenn menschliche Kontakte als grundsätzlich gefährlich und unangemessen, zur großen Einsamkeit führen.

https://www.rnd.de/politik/usa-wie-einsamkeit-die-abkehr-vom-realen-beguenstigt-2E4HRTM...
Abkehr vom Realen wird nach jüngsten Studien begünstigt durch eine tiefer liegende Fehlentwicklung: leise wachsende Einsamkeit.

agno

--
Weiß nicht, woher ich komm, weiß nicht, wie lang ich bleib, weiß nicht, wohin ich geh, mich wundert, dass ich glücklich bin ...

Delta-Variante

W.W. @, Mittwoch, 11.08.2021, 10:29 (vor 986 Tagen) @ agno

Ich wollte auf zweierlei hinaus, weil mich beides beunruhigt: 1. Je genauer ich mich ausdrücke, desto verwirrender wird das, was ich sage. 2. Kann ich überhaupt etwas emotionslos sagen?

Sicher, man sollte das, was man zu sagen hat, objektiv und hieb- und stichfest rüberbringen, und im Kreise von denen, die sowieso einer Meinung sind, geht das oft auch. Und doch, wenn ich das zum Ausdruck bringen will, was meine Meinung ist, dann sage ich meine Meinung, was per se etwas Subjektives ist.

Man könnte auch sagen: Das Objektive ist so uninteressant wie der Wahlkampf zwischen zwei Parteien, die über einander nichts Böses sagen wollen. Das mag erstrebenswert und hochanständig sein, aber es neigt dazu, langweilig zu sein, aber auch lügnerisch, weil sich die Vorbehalte zwischen den Wörtern verstecken. Man kämpft mit versteckten Waffen.

Ein Ausweg wäre, immer, wenn man etwas sagt, beides zu betonen: dass es möglicherweise überspitzt und eine persönliche Meinung ist.

Kurz und knapp: Meine Befürchtung ist, dass objektive Informationen mit ihren Konjunktiven und Einschränkungen, nicht klarer, sondern vieldeutiger sind, und dazu führen, dass sich im Prinzip jeder aussuchen kann, was für ihn zu passen scheint. Und dass sie objektiv tun, aber subjektiv sind, uns also belügen.

Es wäre möglich, Peter Scholl-Latour zu schätzen, aber es wäre verrückt, wenn man ihn für objektiv halten würde. Das war er ebenso wenig wie Gabriele Krone-Schmalz.

Besser wäre es, wenn man wie Luther sagen könnte: Hier stehe ich und kann nicht anders! Dann muss man sich eben mit der konkreten Meinung zum Ablass oder zur Priesterehe, aber auch seiner allgemeinen Meinung zum Papst auseinandersetzen.

Wolfgang

PS: Aber ich sehe, auch ich habe jetzt nichts klarer, sondern nur noch unklarer gemacht.:-( Manchmal denke ich: Je näher ich an die Grenze des schwer Sagbaren komme, desto mehr habe ich das Gefühl, etwas Wesentliches zu sagen.

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Delta-Variante

agno @, Mittwoch, 11.08.2021, 11:49 (vor 986 Tagen) @ W.W.

PS: Aber ich sehe, auch ich habe jetzt nichts klarer, sondern nur noch unklarer gemacht.:-( Manchmal denke ich: Je näher ich an die Grenze des schwer Sagbaren komme, desto mehr habe ich das Gefühl, etwas Wesentliches zu sagen.

Reden ist Kunst.
außerdem macht die Quelle auch einen Teil der Nachricht. Man interpretiert eine Aussage zu den Informationen, die man vom Redner schon hat. Da du über alles die Grenzen suchst, hast Du prinzipiell ein schweres Los.

agn;-)

--
Weiß nicht, woher ich komm, weiß nicht, wie lang ich bleib, weiß nicht, wohin ich geh, mich wundert, dass ich glücklich bin ...

neue Leitlinien + Kortison

Boggy, Montag, 09.08.2021, 15:31 (vor 988 Tagen) @ Boggy

Quelle:

https://dgn.org/wp-content/uploads/

S. 23 ff
"Therapie mit Glukokortikosteroiden
Die Behandlung des MS-Schubs mit Methylprednisolon (MP) gilt als etablierter
Therapiestandard (Grauer et al. 2001; Multiple Sclerosis Therapy Consensus Group
2008), auch wenn hierfür nur wenige aussagekräftige Studien vorliegen (siehe
Tabelle A1).

In einem Cochrane-Review wurden randomisierte und doppelblinde
kontrollierte Studien mit Glukokortikosteroiden (GKS) oder ACTH gegen Plazebo bei
akuten MS-Schüben, die bis 2013 publiziert wurden, verglichen (Citerro et al. 2013).
Demnach wurden zwischen 1961 und 1998 sechs Studien durchgeführt, in denen
insgesamt 377 Patienten (199 GKS, 178 Plazebo) randomisiert wurden.

In vier Studien
wurde Methylprednisolon (MP) (140 Patienten) und in zwei Studien ACTH (237
Patienten) untersucht. MP und ACTH wirkten sich günstig auf eine Besserung von
Schüben innerhalb der ersten fünf Behandlungswochen aus.
Nicht belegt werden
konnte, dass neue Schübe oder eine Zunahme der Langzeitbehinderung verhindert
werden.
Indirekte Vergleiche fanden eine bessere Wirkung von MP als ACTH. Der
Abstand (weniger oder mehr als zwei Wochen) zwischen Schubbeginn und
Randomisierung war nicht prädiktiv für das Ansprechen.

In einer größeren Studie bei Patienten mit Optikusneuritis als möglicher
Erstmanifestation einer MS wurde der Effekt einer hoch dosierten GKS-Therapie
gegen eine niedriger dosierte orale Therapie oder Plazebo untersucht; nur 6 % der
Patienten hatten bereits die Diagnose einer MS (Beck et al. 1992).

Bezüglich des
Kontrastsehens und des Gesichtsfelds (primäre Endpunkte) sowie des Visus
(sekundärer Endpunkt) erholte sich die Hochdosis-Gruppe schneller als die
Plazebogruppe (Differenz am größten an Tag 4 und 15).
Nach Ablauf von sechs
Monaten zeigte sich zwischen den Therapiegruppen bezüglich des Visus kein
signifikanter Unterschied; Gesichtsfeld und Kontrastempfindlichkeit sowie das
Farbsehen in der hoch dosiert behandelten Patientengruppe waren aber besser.

Das Risiko, eine definitive MS zu entwickeln, war bei Patienten mit hoch dosierter
GKS-Therapie im Vergleich zu einer niedrig dosierten oder Plazebotherapie nicht
geringer (Beck et al. 1993 und 1995). Ebenso wenig zeigte sich ein Effekt auf das
funktionelle Ergebnis nach drei und fünf Jahren (Beck et al. 1995; Optic Neuritis Study
Group 1997).
(...)

Boggy

--
Um unserer persönlichen und gesellschaftlichen Freiheit willen müssen wir immer wieder die Saat des kritischen Verstandes und des begründeten Zweifels säen.

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neue Leitlinien + Kortison

UWE, Dienstag, 10.08.2021, 12:52 (vor 987 Tagen) @ Boggy

Schöne Zusammenfassung, vielen Dank.

Deckt sich mit meinen inzwischen über 30-jährigen Erfahrungen mit Cortison.
- Hilft sehr gut im motorischen Schub und bei Sehstörungen.
Ich hatte damit 8 (fast) beschwerdefreie Jahre, in denen ich das Leben im vollen Zügen genießen konnte.
- Dafür bin ich SEHR dankbar.

Langzeiteffekte hatte ich von Cortison nie erwartet.

Alles Gute

LG
Uwe

--
Nichts auf der Welt ist so gerecht verteilt wie der Verstand.
Denn Jedermann ist überzeugt, dass er genug davon habe.
– René Descartes

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