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NHS-Mitarbeiter gehen für besser bezahlte Jobs (Allgemeines)

naseweis ⌂ @, in meinem Paradies, Samstag, 01.10.2022, 12:54 (vor 566 Tagen)

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Das ist hart.
Jetzt war das Britische Gesundheitssystem schon lange knapp dran, wenn aber immer mehr Leute in besser bezahlte Jobs abwandern, ist das zwar gut verständlich, könnte aber für die Kranken zu sehr schwierigen Verhältnissen führen.

Da lob ich mir unser Gesundheitssystem.
Es ist zwar auch eng gestrickt und hat einige Laufmaschen, aber diese Form von Exodus gibt es hier nicht.

NHS-Mitarbeiter „gehen für besser bezahlte Jobs im Einzelhandel“

Eine Umfrage für NHS-Anbieter ergab, dass zwei Drittel (68 %) der Trusts „erhebliche oder schwerwiegende Auswirkungen“ durch das Abwandern von Mitarbeitern in andere Sektoren mit besseren Bedingungen und Konditionen meldeten.

Anekdotisch haben hochrangige Persönlichkeiten des NHS gesagt, dass sie „eine große Anzahl“ von Mitarbeitern in ihren Trusts sehen, die andere Jobs annehmen oder Zweitjobs außerhalb des NHS in Betracht ziehen.

„Die traurige Tatsache ist, dass einige mehr verdienen können, wenn sie für Online-Händler oder in Supermärkten arbeiten.

„Andere nehmen Nebenjobs an. Wir haben gehört, dass Mitarbeiter ihre Rentenbeiträge einstellen und ihre Autos nicht mehr tanken können, um zur Arbeit zu kommen.

„Eine Reihe von Stiftungen stellen Lebensmittelbanken zur Verfügung. Es gibt herzzerreißende Geschichten von Krankenschwestern, die sich zwischen dem Essen während des Tages und der Möglichkeit entscheiden, eine Schuluniform für ihre Kinder zu Hause zu kaufen.“

Der Generalsekretär des Royal College of Nursing, Pat Cullen, sagte: „Wenn die Hälfte des NHS Lebensmittelbanken für seine eigenen Mitarbeiter eröffnen muss, sollten die Köpfe der Minister vor Scham hängen.

https://www.medscape.co.uk/viewarticle/nhs-staff-leaving-better-paid-jobs-retail-2022a1...

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das Geheimnis der Medizin besteht darin,
den Patienten abzulenken,
während die Natur sich selber hilft (Voltaire)

Sisyphos hatte es auch nicht leicht

NHS-Mitarbeiter gehen für besser bezahlte Jobs

W.W. @, Samstag, 01.10.2022, 13:30 (vor 566 Tagen) @ naseweis

Es stimmt etwas nicht, und ich betrachte es mit großer Sorge. Ich beziehe mich (wegen meiner Tochter) auf Pflege- und Altenheime und nicht aus das NHS.

Vor ein paar Tagen habe mir eine Reportage in 3-Sat anschaut. Es ging um das Modell eines Pflegeheims in Dänemark. Meine Frau war dabei. Pflegeheime und Demenz sind ja nicht ihr Ding, und sie war auch recht deprimiert, als ich ihr sagte, ich fände das Projekt gut und hätte mir gar nicht vorgestellt, dass man so liebevoll im Pflegeheim betreut werden könne.

'Nein, nein, nein, sie möchte auf keinen Fall dort landen.' 'Warum nicht?', fragte ich sie. Sie wolle nicht entmündigt und wie ein Baby behandelt werden! 'Aber wenn man so gut behandelt wird, wie die alten Leute in diesem Heim, kann das nicht angenehm sein?'

Meine Frau deprimiert so etwas. Jeder solle gerade, wenn er älter wird, so leben, wie er sich schönes Leben vorstellt. Z.B. abends ein Gläschen Rotwein trinken, sich eine Currywurst beim Imbissstand holen, wenn einem danach ist, vor dem Kamin ein schönes Buch lesen oder einen schönen Film schauen. Den Tag mit einem kleinen Spaziergang beginnen. Und jemanden kommen lassen, der die Apfelbäume schneidet oder den Computer repariert. Man möchte so leben, dass man niemanden stört, und man freut sich, wenn man ab und zu Besuch hat, und Heiligabend im Familienkreis gefeiert wird.

Aber wie soll man sterben? Auch so, dass es am besten niemand merkt? Wie war es früher? Starb sich damals leichter? Wie geht das überhaupt, abends ins Bett zu gehen und morgens nicht mehr aufzuwachen? Oder am Frühstückstisch einnicken? Ist der Tod immer Folge einer Krankheit. Oder (meine Lieblingsvorstellung) im Schnee des Kilimandscharo erfrieren?

Manchmal denke ich, meine Frau denkt so, wie die Menschen in grauen Vorzeiten dachten: Wenn es zu Ende geht, dann will man niemandem zur Last fallen. Alte Eskimos blieben dann im Schnee zurück, während die anderen weiterziehen. Andere denken anders: 'Ich habe so viel für meine Kinder getan, also steht es mir auch zu, dass sich die Kinder um mich kümmern!'

Mir scheint viel Unordnung in unseren Gedanken zu sein! Habe aber Schwierigkeiten, das auszudrücken. Trotzdem meine ich, dass etwas falsch läuft in unseren Pflege- und Altenheimen. Kann man wirklich nichts daran ändern?

Im dänischen Pflegeheim hatte ich gespürt, dass es so etwas gibt wie Liebenswürdigkeit - dass man ‚liebenswürdig' sein kann. Das könnte ein großes Wort sein, was urchristlich ist, aber wohl jenseits aller pekuniären Erwägungen von sozialen Einrichtungen. Oder nicht?

Ich sehe, dass die Gedanken mit mir 'durchgegangen' sind, aber dennoch könnte es Zeit sein, das Ende von alten Menschen neu zu denken, auch wenn es erst einmal so unerfreulich scheint, wie meine Frau denkt. Aber vielleicht ist es auch unerfreulich, weil unsere Gedanken falsch sind!!! Könnte auch ein solcher Beruf schön sein, wenn er einem Freude bereitet und man entsprechend entlohnt wird?

Wolfgang

NHS-Mitarbeiter gehen für besser bezahlte Jobs

Boggy, Samstag, 01.10.2022, 13:53 (vor 566 Tagen) @ naseweis

Das ist hart.
Jetzt war das Britische Gesundheitssystem schon lange knapp dran, wenn aber immer mehr Leute in besser bezahlte Jobs abwandern, ist das zwar gut verständlich, könnte aber für die Kranken zu sehr schwierigen Verhältnissen führen.

Das britische Gesundheitssystem wird vom Staat finanziert und ist seit Jahren von Kürzungen der Mittel durch die konservative Regierung betroffen.
Nun, unter der neuen Premierministerin Truss und ihrem Finanzninister wird alles noch schlimmer. Große, weitere Steuererleichterungen für eine kleine Gruppe eh schon sehr Reicher, und noch mehr "Sparen" für den Rest der Gesellschaft.

Das ist rücksichtslose Politk im Interessse des "Kapitals".

Da lob ich mir unser Gesundheitssystem.
Es ist zwar auch eng gestrickt und hat einige Laufmaschen, aber diese Form von Exodus gibt es hier nicht.


Ja, absolut wahr.
Die Bundesrepubik hat nach dem 2. Weltkrieg und der vorherigen Nazi-Dikatur begriffen, wie wichtig soziale Gerechtigkeit für ein gutes Funktionieren der Demokratie ist.
Und das ist und bleibt das Grundproblem der Politik in einer demokratischen Geslellschaft: sie muß innerhalb eines kapitalistischen Wirtschaftssystems, das nicht demokratisch ist, eine Poltik unter schwierigen Machtverhältnissen versuchen.

Das bgreifen viele Menschen nicht, besonders jene, die gerade jetzt wieder im Osten gegen"das System" protestieren: NICHT die Demokratie ist falsch; sondern das Problem liegt im Kapitalismus als Wirtschaftsgrundlage der Demokratie.

Wie und ob es der demokratischen Politik gelingt, den Kapitalismus so zu regulieren, daß die Gesellschaft nicht zerbricht, und/oder daß viele Menschen aus Angst den rechten Rattenfängern in die Arme laufen, ist eine Machtfrage, die immer wieder neu gestellt und ausgekämpft werden muß.

(Das begreifen übrigens auch viele Klimaakttivisten nicht, wenn sie einseitig "Forderungen" an die Politik(er) stellen und dabei kapitalistische Herrschaftsstrukturen ausklammern.)

Bei aller zunehmenden Armutsbedrohung bei uns in Deutschland, die real ist, kommen wir VERGLEICHSWEISE noch gut zurecht.

Da gäbe es unendlich mehr zu zu sagen.

Gruß
Boggy

--
Um unserer persönlichen und gesellschaftlichen Freiheit willen müssen wir immer wieder die Saat des kritischen Verstandes und des begründeten Zweifels säen.

NHS-Mitarbeiter gehen für besser bezahlte Jobs

fRAUb, Samstag, 01.10.2022, 14:12 (vor 566 Tagen) @ Boggy

Zu deiner Fragestellung :

Finnland kommt in der Sache ganz gut zurecht. Aber das sind nur 5 Millionen Einwohner.
Ich glaub trotzdem, dass man sich da was abgucken kann.

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Vergleiche mit wenigen Einwohnern hinken immer

UWE, Samstag, 01.10.2022, 23:54 (vor 565 Tagen) @ fRAUb

Zu deiner Fragestellung :

Finnland kommt in der Sache ganz gut zurecht. Aber das sind nur 5 Millionen Einwohner.
Ich glaub trotzdem, dass man sich da was abgucken kann.

Vergleiche mit Ländern mit nur relativ wenigen Einwohnern hinken immer.

Mich würde interessieren wie es z.B. in Japan aussieht.

LG
Uwe

--
Nichts auf der Welt ist so gerecht verteilt wie der Verstand.
Denn Jedermann ist überzeugt, dass er genug davon habe.
– René Descartes

Vergleiche mit wenigen Einwohnern hinken immer

W.W. @, Sonntag, 02.10.2022, 08:30 (vor 565 Tagen) @ UWE

Vergleiche mit Ländern mit nur relativ wenigen Einwohnern hinken immer.

Mich würde interessieren wie es z.B. in Japan aussieht.

Mich auch! Ich glaube, dass die Forscher von der DMSG keine richtige Lust haben zu forschen! Trotz der jährichen Auslobung des SOBECK-Preises. Solche Vergleiche von Land zu Land bzw. die Vergleiche zwischen den verschiedenen Lebensgewohnheiten könnten sehr viel bringen! Forsschen die Forscher vielleicht zu viel in Rattenställen und mikroskopischen Gefilden?

W.W.

Vergleiche mit wenigen Einwohnern hinken immer

fRAUb, Sonntag, 02.10.2022, 08:46 (vor 565 Tagen) @ UWE

Zu deiner Fragestellung :

Finnland kommt in der Sache ganz gut zurecht. Aber das sind nur 5 Millionen Einwohner.
Ich glaub trotzdem, dass man sich da was abgucken kann.


Vergleiche mit Ländern mit nur relativ wenigen Einwohnern hinken immer.

Mich würde interessieren wie es z.B. in Japan aussieht.

LG
Uwe

Vergleiche mit Japan auch.

Die stammen aus "besseren Zeiten".

Ein Land, das nur aus Sachbearbeitern besteht, verwaltet sich zu Tode.

Schönen Sonntag,

fRAUb

wer noch mehr mag ...

Boggy, Samstag, 01.10.2022, 15:32 (vor 565 Tagen) @ Boggy

Erinnert sich noch jemand an Yanis Varoufakis?
Er kommentiert gerade im Guardian.
Gruß
Boggy


Quelle:
https://www.theguardian.com/commentisfree/2022/oct/01/trickle-down-liz-truss-thatcher-b...

"Wenn Kwasi Kwartengs [neuer Finazminister; Boggy] Mini-Budget den Sturm, den es ausgelöst hat, überlebt, wird ein Banker mit einem Jahresgehalt von einer Million Pfund 50.000 Pfund Einkommenssteuererleichterungen erhalten - zusätzlich zu den zusätzlichen Boni, die die Bank auszahlen kann, nachdem die Regierung von Liz Truss die Obergrenze dafür aufgehoben hat.
In der Zwischenzeit bekommt ein Deliveroo-Fahrer einen aufmunternden Vortrag über den emanzipatorischen Wert des Strebens nach Reichtum, vermutlich als Anreiz, härter in die Pedale zu treten. Das ist der Kern der Wachstumsstrategie der Regierung
(...)

Diese Empfänger des zusätzlichen Geldes der Banker investieren seit langem nicht mehr in tatsächliche Produktionskapazitäten. Warum sollten sie auch, wenn sich die Massen da draußen keine neuen, hochwertigen Produkte leisten können?
Stattdessen verwenden die großen Unternehmen die ihnen zufließenden Mittel entweder für den Rückkauf ihrer eigenen Aktien (um ihren Aktienkurs und damit ihre Boni zu steigern) oder für Spekulationen auf dem Derivatemarkt oder in Immobilien.

Das schmutzige Geheimnis hinter der Zombie-Idee der Trickle-Down-Ökonomie ["Der Trickle-Down-Effekt bezeichnet die These, dass der Einkommenszuwachs, den die Reichen in einer Gesellschaft erfahren, sukzessive auch zu den Mittelschichten und den Ärmeren in der Gesellschaft durchsickert"; Boggy] ist, dass nur eines verhindern kann, dass der teuflische Finanzkreislauf außer Kontrolle gerät: die Macht der Regierung (und manchmal auch der Zentralbank), ihn zu füttern.
(...)

Margaret Thatcher, die Liz Truss zu vergöttern vorgibt, verstand dieses schmutzige kleine Geheimnis. Sie lernte auf die harte Tour, dass Steuersenkungen für die Wohlhabenden lediglich zu einer Einkommensverschiebung zugunsten der herrschenden Klasse führten, ohne eine Wachstumsdividende zu bringen.

Damit ihre neoliberale Politik auch nur den Anschein von Wachstum erwecken konnte, musste sie den bereits vorhandenen öffentlichen Reichtum in den Teufelskreislauf der Finanzen einbeziehen:
vor allem Sozialwohnungen und öffentliche Versorgungseinrichtungen (Gas, Strom, Wasser). Kurz gesagt, Thatchers Politik hat das Wachstum nicht angekurbelt, weil der Trickle-Down-Effekt funktionierte, sondern weil große Teile des gesellschaftlichen Gemeinwohls zu Schleuderpreisen liquidiert und in den Kessel der City geworfen wurden. (...)"

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Um unserer persönlichen und gesellschaftlichen Freiheit willen müssen wir immer wieder die Saat des kritischen Verstandes und des begründeten Zweifels säen.

NHS-Mitarbeiter gehen für besser bezahlte Jobs

W.W. @, Samstag, 01.10.2022, 15:50 (vor 565 Tagen) @ Boggy

Auch ich bin der Ansicht, dass nicht die Demokratie schlecht ist, sondern dass sich Demokratie und Kapitalismus nicht miteinander vertragen! Wir brauchen einen menschlicheren Kapitalismus!

W.W.

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