Die Dinge auf den richtigen Begriff bringen (Straßencafé)

Boggy, Dienstag, 20. August 2024, 14:10 (vor 19 Tagen)

Was mir auch schon aufgefallen ist, und mich seit längerer Zeit zunehmend ärgert:

"Concept Creep umschreibt das Phänomen, dass Begriffe aus der Psychologie und Therapie ihren Weg in den allgemeinen Sprachgebrauch finden und dabei ihre Bedeutung verändern. (...)
Ein Beispiel dafür ist der Begriff „Trauma“: (...) Vor einigen Jahrzehnten konnte demnach als Auslöser für eine psychische Traumatisierung nur ein „Ereignis außerhalb der alltäglichen menschlichen Erfahrung“ gelten, wie etwa ein Kriegseinsatz. (...)
In jüngerer Zeit dagegen werden auch – vergleichsweise – weniger schwerwiegende Ereignisse berücksichtigt, (...)
Diese Entwicklung könne zu einer Verwässerung oder Verharmlosung führen, weil die sprachliche Unterscheidung zwischen unterschiedlich schweren Erfahrungen unterlaufen werde, heißt es. Wenn jede Irritation gleich als Trauma, jeder unangebrachte Witz als Gewalt gilt, entwerte das den Begriff für die Benennung schwerwiegenderer Fälle. (...)

Außerdem führe die Entgrenzung von Begriffen zu einer um sich greifenden Pathologisierung: Verhaltensweisen, die vormals bloß als unangenehm oder anstrengend oder schlicht anders wahrgenommen wurden, lassen sich plötzlich als krankhaft umdefinieren – (...)
Dass sich die Ausweitung von Begriffen in den letzten Jahren und Jahrzehnten beschleunigt zu haben scheint, könnte aber, folgt man Hübl, auch mit der Eigenlogik sozialer Medien zu tun haben und Teil einer – bewussten oder unbewussten – Strategie sein. Denn durch ein möglichst weites Verständnis von Mobbing, Missbrauch oder „Mikro-Aggressionen“ können immer mehr Menschen und Gruppen sich als Opfer entsprechender Schädigungen ausweisen und dabei moralische Statusgewinne einfahren."

Quelle:
https://www.deutschlandfunkkultur.de/sprache-psychologie-begriffe-concept-creep-100.html

Gruß
Boggy

--
Um unserer persönlichen und gesellschaftlichen Freiheit willen müssen wir immer wieder die Saat des kritischen Verstandes und des begründeten Zweifels säen.

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Die Dinge auf den richtigen Begriff bringen

UWE, Dienstag, 20. August 2024, 16:39 (vor 19 Tagen) @ Boggy

Was in diesen Kontext passt sind die Wettervorhersagen in den Medien.

Was früher ein starker Regen war sind jetzt "Monster-Niederschläge.
Ähnlivhes gilt für Hitze.

Jedes Ereignis muss maximal "zelebriert" werden um überhaupt noch wahrgenommen zu werden.

Ich stumpfe da zunehmend ab.

Uwe

--
Nichts auf der Welt ist so gerecht verteilt wie der Verstand.
Denn Jedermann ist überzeugt, dass er genug davon habe.
– René Descartes

Glück ist das einzige, was sich verdoppelt wenn man es teilt
- Albert Schweizer

Die Dinge auf den richtigen Begriff bringen

Boggy, Dienstag, 20. August 2024, 18:21 (vor 18 Tagen) @ UWE

Jedes Ereignis muss maximal "zelebriert" werden um überhaupt noch wahrgenommen zu werden.
Ich stumpfe da zunehmend ab.


Es entsteht auf vielen Feldern eine überdimensionierte Pseudo-Wichtigkeit; Überidentifikationen, die emotional überladen werden;
und auf dem Boden wachsen dann neue, echte Aggressionen.

Und dann können viele Leute auf einmal wirklich Wichtiges vom scheinbar Wichtigen nicht mehr unterscheiden.

Ist ein schwieriges und komplexes Thema.

Gruß
Boggy

--
Um unserer persönlichen und gesellschaftlichen Freiheit willen müssen wir immer wieder die Saat des kritischen Verstandes und des begründeten Zweifels säen.

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Jedes Ereignis muss maximal "zelebriert" werden

agno, Freitag, 23. August 2024, 08:38 (vor 16 Tagen) @ UWE

Was in diesen Kontext passt sind die Wettervorhersagen in den Medien.

Was früher ein starker Regen war sind jetzt "Monster-Niederschläge.
Ähnlivhes gilt für Hitze.

Jedes Ereignis muss maximal "zelebriert" werden um überhaupt noch wahrgenommen zu werden.

Ich stumpfe da zunehmend ab.

Uwe

Hi Uwe
Dieses "maximal zelebriert", ist das eine logische Folge von modernem Liftfasssäulenjornalismus?
Wenn der Journalist vom Arbeiter zum Durchreicher wird?

agno

--
Weiß nicht, woher ich komm, weiß nicht, wie lang ich bleib, weiß nicht, wohin ich geh, mich wundert, dass ich glücklich bin ...

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Jedes Ereignis muss maximal "zelebriert" werden

UWE, Freitag, 23. August 2024, 13:24 (vor 16 Tagen) @ agno

Wenn der Journalist vom Arbeiter zum Durchreicher wird?

agno

Und wegen der Geschwindigkeit wird zudem immer schlechter recherchiert.
Merke ich vor allem in meiner Tageszeitung. (noch so richtig oldscool, Print..)

Alles "Getriebene"

Uwe
:wink:

--
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