Wolfgang sinniert im Cafe übers Altenheim... (Straßencafé)

W.W. @, Mittwoch, 07.12.2022, 13:16 (vor 506 Tagen) @ agno

Ich beobachte hier in einer süddeutschen bäuerlich geprägten Ecke eine Demutshaltung unter den alten Menschen. Ein hoffen auf einen geschmeidigen (gottgefälligen) Tod, bevor man seinen Anverwandten zusehr Last wird.
In dieser seltsamen Welt zwischen Angst & Verdrängung, sehe ich viel unnötiges Leid. Aber wer wäre ich, wenn ich nicht jedem zugestehen würde, die Segel seines Lebens ins Unglück zu setzen?
Ich vermute dass in der Mehrheit, eher Ängste als Nöte bekämpft werden.

Ich verstehe so viel nicht! Den letzten Satz verstehe ich eigentlich gar nicht.:-(

Ich bin schwermütig, weil ich auf die große Abrechnung zulaufe, wo das zählt, was man nicht kaufen kann. Man kann vieles verdrängen, sich vieles vorlügen, sich seine eigenen Geschichten erfinden und sogar Zuhörer an seinem Sterbebett begeistern, weil man etwas Tiefsinniges sagt, was in der Schwebe bleibt; und dadurch noch tiefsinniger wird...

Kann die Show einem das Seelenheil kosten? Ich fürchte ja. Man kann vor sich und vor den anderen als jemand sterben, über den man eine gute Predigt halten kann, und doch ein Schuft sein, das Häufchen Dreck. Und was hilft einem das? Man verschwindet nicht in der Hölle, sondern in der Bedeutungslosigkeit. Aber mit wem kann man darüber sprechen, wenn das Ende nahe ist?

Es muss jemand sein, der einen nicht mit guten Sprüchen abspeist aus einem Kalender, der voller guter Sprüche oder Gedichte ist, es muss jemand sein, der einem die Wahrheit nicht vorenthält, denn es stirbt sich schlecht mit der geschminkten Wahrheit, und es muss jemand sein, der einen mit guten Ratschlägen verschont... Wie soll das gehen?

Es scheint mir so, als sei es sehr schwierig geworden, auf eine würdige Weise zu sterben. Da kommen der Theologe oder die Theologin ins Spiel. Es muss jemand sein, der schweigen kann und einem zuhört, wenn es um die ernstesten Dinge geht, und jemand, der sich absolut sicher ist, wohin man geht. Letzteres scheint das Wichtigste zu sein. Jemand kann noch so nett und menschlich sein, aber es hilft alles nichts, wenn er nicht an Gott glaubt. Welcher Geistliche glaubt noch an Gott?

Ich glaube, das Geistliche könnte unersetzlich sein, wenn es ans Sterben geht. Dann geht es nicht mehr um das Erstens bis Sechstens, wohin sich jeder gute Logiker flüchtet. Judex non calculat, und der, der einem auf dem letzten Weg begleiten soll, rechtet nicht - und spricht nichts (außer einem Gebet).

Ich fürchte, diese Gedanken werden dir sehr fremd sein - wie in einem Elfenbeinturm ausgedacht.

Wolfgang


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