Der "dritte" Mann (Straßencafé)
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Muss man das Buch gelesen haben, um dem Gedanken zu folgen?
fragt sich agno
Nein! Ich gehe davon aus, dass sich gute Argumente durch sich selbst erklären, einfach, weil sie einleuchten. Ein Beispiel für ein gutes Argument war mein Rätsel über Rotwein und Weißwein.
Rotwein und Weißwein
Das Rätsel geht so:
„In einem Glas ist Rotwein, in einem anderen Weißwein. Man gibt einen Löffel voll Rotwein in den Weißwein, und dann einen Löffel von dem Gemisch in den Rotwein. Ist nun mehr Rotwein im Weißwein oder mehr Weißwein im Rotwein?“
Und ich diskutiere das so:
„Das hältst du für ein einfaches Rätsel?“, meinte Geerd. „Muss man nicht erst einmal das Mischungsverhältnis ausrechnen, wenn man einen Teelöffel Rotwein in Weißwein tut, und dann wie viel man von diesem Gemisch in den Rotwein zurückgibt? Da kann man bis morgen früh rechnen!“
„Nein“, sagte Michelle, „das Schöne ist, dass man für die Lösung kein bisschen Mathematik braucht. Das Problem schaut schwieriger aus, als es in Wirklichkeit ist.“
„Das kann ich mir nicht vorstellen.“
Geerd hatte eine Denkfalte zwischen den Augenbrauen.
„Es gibt also nur zwei Möglichkeiten“, sagte er schließlich. „Entweder ist mehr Rotwein im Weißwein oder mehr Weißwein im Rotwein. Da man aber mit dem ersten Teelöffel ein Gemisch aus Rotwein und Weißwein herstellt, gibt man also etwas weniger Rotwein zurück. Ziemlich einfach!“
Er sah Michelle erwartungsvoll an. Sie gab sich überrascht.
„Auf den ersten Blick klingt das überzeugend“, meinte sie, „aber es ist falsch. Es gibt immer mehr als zwei Möglichkeiten.“
„Wirklich?“, fragte Geerd und Michelle fuhr fort:
„Das wird klar, wenn man sich vorstellt, das Rotweinglas sei mit roten und das Weißweinglas mit weißen Murmeln gefüllt. Zusätzlich geht man davon aus, dass jeweils nur zwei Kugeln auf einen Löffel passen, dann wird man in jedem Fall erst einmal zwei rote Murmeln in den Weißwein geben. Und dann hat man drei Möglichkeiten…“
„Man kann genau dieselben zwei wieder zurück tun, was zwar unwahrscheinlich, aber theoretisch denkbar ist, und dann ist keine rote Kugel im Weißwein und keine weiße im Rotwein. Zweitens kann man eine rote und eine weiße Kugel zurücktun, dann ist eine weiße im Rotwein und eine rote im Weißwein. Oder man erwischt zwei weiße Murmeln und dann sind zwei weiße im Rotwein und zwei rote im Weißwein.“
„Aber dann bleibt es sich ja in jedem Fall gleich“, sagte Lena grüblerisch. „Das kann ich nicht glauben! Meinst du wirklich, das Ergebnis ist völlig unabhängig davon, ob man umrührt oder nicht?“
„Das kann überhaupt nicht sein!“, fuhr Geerd dazwischen. „Mit zwei Kugeln mag das ja angehen, aber nehmen wir einmal an, die Kugeln seien wesentlich kleiner und es würden mehr davon in einen Teelöffel passen. Sagen wir einmal 20.“
„Und dann?“
„Dann würde man 20 rote Kugeln in den Weißwein tun, und schließlich 17 weiße und 3 rote Kugeln zurück, was ja auch der Wirklichkeit viel näher kommt.“
„Und dann?“
„Dann wären 17 weiße Kugeln im Rotwein“, begann Geerd siegesgewiss, um dann kleinlaut fortzufahren: „… und 17 rote Kugeln im Weißwein.“
Als er merkte, dass das auf genau dasselbe herauslief, schwieg er betroffen.
“Nun gut, das war ein schlechtes Beispiel“, räumte er ein und fügte ärgerlich hinzu:
„Auf jeden Fall ist ein Trick dabei.“
Mit der Diskussion deute ich allerdings an, dass man sich über den Tisch gezogen fühlen kann.
W.W.