Genetik/Epigenetik (Allgemeines)

IceUrmel @, Sonntag, 23.08.2020, 11:06 (vor 1339 Tagen) @ agno

Inzwischen laufen mehrere Filme in meinem Kopf, wenn das Genetikthema auftaucht.

Geschichte 1: Ich war vor langer Zeit mal zur "Kur", da war ein Patient im Rollstuhl und auch in der geistigen Leisungsfähigkeit hatte ihm die MS so einiges weggefräst. Immer wenn jemand bei ihm vorbei gegangen ist, sagte er jedes mal in seiner abgehackt-verwaschenen Sprache: Ist MS, sind die Gene und er lachte laut dabei!
Ich glaube dass er damit ausdrücken wollte, dass er nichts dafür kann, nichts falsch gemacht hat und dass er auch nichts verpasst bezüglich einer Therapie weil das halt die MS ist.
Für ihn war es die absolute Befreiung von jediglicher Schuld, in der Vergangenheit und in der Zukunft.

Deine Interpretation der Hintergründe dieses Ausspruchs mag exakt so zutreffen – oder auch nicht. Wir wissen es nicht, aber ehrlich gesagt hoffe ich, dass es so war, denn wenn es ihm psychisch Erleichterung brachte, wäre das doch gut.

Geschichte 2: Es sind mir früher in diversen "Kuren" öfter Frauen begegnet, die aufgrund des vermeintlich genetischen Schicksals, auf Kinder verzichtet haben.
Nicht weil Sie keine Kinder wollten! Im Gegenteil! Sie alle hätten sich von ganzem Herzen Kinder gewünscht, wollten diesen aber nicht aus egoistischen Gründen eine Zukunft in Leid und Sichtum aufbürden.

Ich selbst gehöre zu den Frauen, die aufgrund der genetischen Vorbelastung keine eigenen Kinder wollte. Bei mir ist diese Erkenntnis schon in sehr frühen Kindertagen gereift, als ich eigentlich noch gar nichts über Genetik wusste.

Sicher war der Umstand, dass ich in einem MS-Haushalt mit Eltern aufgewachsen bin, die dieses Thema als Tabu einordneten und entsprechend behandelten (darüber durfte nicht gesprochen werden– weder innerhalb noch außerhalb der Familie) prägend.

Aber auch die sonstigen Familienstrukturen sind aus heutiger Sicht als dysfunktional einzuordnen und hatten sicherlich einen mindestens genauso großen Anteil an meiner Entscheidung.

Zwischendurch gab es kurze Momente in denen ich dachte, dass so ein kleines Menschenkind es bei mir doch ganz gut haben könnte, doch schnell kam dann wieder der „Hypothekengedanke“ und ich verwarf es. Bereut habe ich das nie.

Geschichte3: Dieses vermaledeite DMSG-Thema, dass der Verein für eine Zukunft ohne MS arbeitet. Also mich betrifft das nicht mehr. Das impliziert doch, dass irgendwann in mehr oder weniger ferner Zukunft, der Teil der Genetik aus den Genen unserer Nachfahren entfernt werden soll, der eine MS ermöglicht? Mir graust vor diesem Gedanken.

Was würde Dir fehlen, wenn es morgen eine Impfung gäbe, die Gesunde vor einer Erkrankung an MS schützen würde?

Sprich: Würde es Dir bei einer Impfung auch grausen, weil Du MS als etwas Wertvolles ansiehst, oder geht es eher um den Eingriff in die Genetik mit potenziell unabsehbaren weiteren Folgen?

Was bleibt dann noch, wenn die Therapie dazu erst in einigen Jahrzehnten erwartet wird?
Eventuell sich bewusst sein, dass man als Mutter, Vater, Opa oder Oma... als Bezugsperson eines Kindes, die unbewussten Ängste, Phobien und Panik übertragen kann.
und nun? Lügen funktioniert nicht, ausleben in Gegenwart der Kinder erscheint mir auch suboptimal... ????

Sich Vorgänge/Handlungen, bewusst machen - eigenständig und/oder mithilfe von Therapeuten. Offen sein und versuchen dazuzulernen.

Ich weiß nicht, irgendwie habe ich das Gefühl dass dieses Thema zum Totalverlust an Nützlichkeit tendiert. Bitte verzeih mir!

Totalverlust an Nützlichkeit finde ich in dem Zusammenhang schwierig – magst Du mir vielleicht erklären, was Du genau damit meinst?

Bezüglich sexuellem Missbrauch und Krieg habe ich kein Plan, bin Ahnungslos und froh darüber. Meine Eltern haben mit einem inzwischen stolzen Alter da nichts negatives bewusst mitbekommen. Papa erzählt manchmal dass für ihn als Kind das alles ein lustiges Abenteuer gewesen sei.

Dass nicht über Umstände gesprochen wird oder diese verharmlost werden bedeutet nicht unbedingt, dass sie nicht da waren. Es kann Teil einer Bewältigungsstrategie sein die üblen Anteile zu verdrängen. Und manchmal ist es auch besser, nicht daran zu rühren.

Liebe Grüße

Tags:
Epigenetik


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