Die MS ist keine psychosomatische Krankheit! (3. Fassung) (Allgemeines)

W.W., (vor 3429 Tagen) @ W.W.

(Letzter Teil)

Ich persönlich meine, es gibt notwendigen Stress, der uns hilft zu leben - und zu überleben, aber es gibt auch Stress, der krank macht. Damit meine ich Stress, der nicht aufhören will und der ausweglos zu sein scheint. Als Beispiele fallen wir immer Schwiegermütter und zum Alkohol neigende Ehemänner ein, was vermutlich ungerecht ist.

Der Glaube an die Psychosomatik der MS hat etwas Magisches!
Ich glaube, das ist ein besonders ausgeklügeltes Argument. Es geht um die Machbarkeit! In gewisser Weise erinnert mich das an den Laplaceschen Dämon: Wenn wir Geschwindigkeit und Ort jedes Teilchens im Universum wüssten, dann würde alles rein mechanisch und vorhersehbar ablaufen. Auf die Psychosomatik angewendet: Wenn wir uns über unser Tun im Klaren wären, dann könnten wir uns so verhalten, wie es vernünftig wäre, und wir würden gar nicht krank werden!
Ich glaube, da ist wirklich etwas dran, insgeheim denken viele von uns so: Wir könnten Meister unserer Gedanken und Meister unseres Lebens werden. Ich halte das für einen mordsmäßigen Irrtum, so, wie ich den Laplaceschen Dämon für eine irrsinnige Anmaßung halte, die nicht nur verrückt, sondern auch physikalisch falsch ist. Was ich dem entgegensetzen möchte, ist, dass wir immer ‚verstrickt’ sind, und ich gebe zu, dass das Verstricktsein für mich ein Zauberwort ist. Wir können uns nicht einfach von dem saufenden Ehemann trennen, nicht einfach dorthin ziehen, wo es schöner ist und nicht einfach den Mann oder die Frau heiraten, der oder die uns kürzlich auf einer Party begegnet ist.
Und wenn man ‚verstrickt’ ist, dann heißt das auch, dass man nicht ein bisschen etwas ändern kann, und alles andere bleibt gleich. Jede noch so kleine Änderung ist, wenn sie notwendig ist, so etwas wie ein Aufbruch nach Australien. Alles wird neu, wenn wir uns ein ‚bisschen’ ändern. Gerade das macht meine Skepsis der Psychotherapie gegenüber aus.

Es gibt eine sehr primitive Sichtweise.
Wenn einem eine Laus über die Leber läuft, wird man leberkrank, wenn einem etwas auf den Magen schlägt, dann kriegt man ein Magengeschwür, und wenn man etwas nicht sehen will, dann wacht man auf und hat eine Sehnerventzündung. Ich lehne diese Sichtweise ab! Ich schätze die Stimme des Volkes sehr, aber was der Volksmund an Sprichwörtern und Redensarten hat, hat praktisch nie etwas mit Krankheiten zu tun. Krankheitssymptome sind keine Symbole! Damit meine ich, dass es ein Aberglaube ist, wenn man annimmt, unser Körper sei klüger als wir selbst und durch Symptome zu uns ‚spricht’, wenn wir die Tatsachen nicht akzeptieren wollen. Symptome ‚sprechen’ nicht zu uns, genau so wenig, wie Vögel mit uns sprechen, aber sie entstehen auf einem fruchtbaren Boden.
Wenn wir z.B. unglücklich verheiratet sind (weil der Partner langweilig ist, oder einen – ganz im Gegenteil – betrügt, oder säuft), dann zehrt das an uns und erschöpft uns innerlich, und dann kommt unser Immunsystem ins Spiel, das oft klüger ist als unser übriger Körper. Ich möchte das am Beispiel einer Depression klarmachen.
Auch das ist selbstverständlich? Umso besser! Ich wette, ein Marathonläufer wird nicht auf den letzten hundert Metern aufgeben, auch wenn er noch so erschöpft ist. Er wird die allerletzten Reserven mobilisieren, um ins Ziel zu kommen. Und ich denke auch, mit einem alten Ehepaar ist es ähnlich. Nur anders herum: Wenn der eine stirbt, dann ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass ihm der andere bald folgt. Weil er keine Lust mehr hat zu leben – und sich das auf sein Immunsystem schlägt.

Was ist gegen Psychotherapie einzuwenden?
Eigentlich nichts, denn an sich ist es ja ideal, wenn sich jemand Zeit nimmt, der Ahnung hat und mit einem das Leben durchforstet. Ich will Ihnen sagen, warum das so oft scheitert! Weil die Krankheit, also auch die MS, der beste Kompromiss ist! Ich habe früher einmal gelernt, eine Neurose sei immer zu teuer erkauft. Das ist sie nicht! Eine Neurose bzw. eine Krankheit sind oft der beste Weg, um mit einem Konflikt fertig zu werden. Eine Neurose kann lebenswichtig sein! Aber meine Hauptbedenken sind:
1. gibt es zu viele Psychotherapien, was es fraglich erscheinen lässt, dass darunter die richtige ist.
2, kann man gute Psychotherapeuten kaum von schlechten unterscheiden; und
3. dauern Psychotherapien zu lange.

Ich möchte noch etwas hinzufügen: Es gehört zum Menschsein dazu, dass er Tabus hat, eine Ecke, die er nur selber kennt. Das ist wie ein Kellerraum, für den niemand den Schlüssel hat; nur man selbst, und es darf auch kein Psychotherapeut und auch nicht die beste Freundin dort hinein.

W.W.

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